Der Wechsel von der Vater- zur Muttersprache hat Sarah Connor offensichtlich gut getan. Ihr erstes Album mit deutschen Texten ist ein Kassenschlager und auch die dazugehörige Tour, mit der die 36-Jährige quer durch die Republik reist, hat sich als großer Erfolg erwiesen. Vielleicht auch, weil die Blondine mit der kraftvollen Stimme, die jetzt auf der Bühne des Bonner KunstRasens steht und die gut 4500 Fans zu Jubelstürmen animiert, sich auch musikalisch neu orientiert hat und den altbewährten Disco-Pop-Beats, mit denen sie Anfang der 2000er Jahre zur deutschen Antwort auf Britney Spears avancierte, sowohl solide rockende Klänge als auch an modernen Schlager angelehnte Texte zur Seite gestellt hat. Mehr Mainstream geht kaum. Aber genau das kommt eben an. Zumal es Sarah Connor versteht, diese Mischung gut zu verkaufen.
Das Publikum bejubelt die Sängerin auf jeden Fall wie einen Megastar, als sie gegen 20.10 Uhr die Bühne des KunstRasens betritt. Hut, Sonnenbrille, lange Jacke, kurze Shorts: ein Outfit irgendwo
zwischen cool, lässig, sexy und ein wenig belanglos. Passt zur Musik. Immerhin ist Sarah Connor vielseitiger geworden, kleidet vor allem die alten Songs in ein neues Gewand, verpasst „Bounce“
einen Hip-Hop-Anstrich, während „From Zero to Hero“ funkig wird. Selbst die hyper-schmalzige Ballade „From Sarah with Love“ bekommt einen leichten Swing verpasst; „der Song ist mit mir erwachsen
geworden“, sagt die 36-Jährige lachend. Gar nicht mal schlecht, zumal die starke Band in allen Stilen zu Hause zu sein scheint, es auch mal richtig krachen lassen kann und jedem Song den nötigen
Schwung verleiht. Nur die bemühten Mini-Choreographien, bei denen Sarah Connor (wahrscheinlich auch aufgrund ihrer erst kürzlich öffentlich gemachten vierten Schwangerschaft) nur halbherzig die
Hüften wiegt und dabei eher wie eine Karikatur denn eine Antwort auf die bereits erwähnte Britney Spears wirkt, konterkarieren diesen Eindruck ein wenig.
Dabei ist der 36-Jährigen ein anderes Attribut doch so wichtig: Viel authentischer will sie inzwischen sein, viel mehr sie selbst. Deshalb auch keine Konfettikanonen, keine elaborierte Lichtshow,
kein großer Bühnenzauber, der von der Musik und der wirklich bemerkenswerten Stimme Connors ablenkt. Oder von den Texten, bei denen der Einfluss des produzierenden Rosenstolz-Trios Peter Plate,
Ulf Leo Sommer und Daniel Faust samt der im Hintergrund ratternden Phrasendreschmaschine für massentaugliche Herz-Schmerz-Lyrik allerdings nicht zu leugnen ist. Tiefgang ist hier nicht zu
erwarten, ist für Ohrwürmer auch letztlich irrelevant, so lange nur Rhythmen und Harmonien stimmen und das Publikum ins Konzert einbezogen wird. Und das macht Sarah Connor wirklich bravourös.
Immer wieder beugt sie sich vom aufgebauten Mittelsteg herunter in die sie anstrahlende Menge, geht auch mal direkt auf Tuchfühlung, interviewt Zuschauer, fordert sie zum Mitsingen auf und
genießt die Begeisterung, die ihr entgegenschlägt. Nicht umsonst gehört sie schließlich zu den erfolgreichsten deutschen Sängerinnen des 21. Jahrhunderts; wie sie mit ihren Fans umgehen muss, das
weiß sie ohne Zweifel.
Alles also gut – bis auf so manche Texte. Doch auch hier hat die Emanzipation eingesetzt, wird Sarah Connor persönlicher, ehrlicher oder auch einfach sozialkritischer. Stark etwa „Augen Auf“, der
ein deutliches Statement gegen Terror und Fremdenhass setzt. Ein starker Moment, einer von vielen für das enthusiastische Publikum, das jeden Titel mitzusingen versteht und die überzeugende Show
frenetisch feiert. Mal sehen, wie es nach der nächsten Babypause weitergeht. Vielleicht mit noch mehr Rock. Und weniger Schlager.
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