Familiär: Dieses Wort fällt bei der Beschreibung des 9. Green Juice Festivals häufig. Hier, mitten in einem Beueler Wohngebiet, gibt es keine riesigen, anonymen Massen, die sich auf einem gigantischen Gelände verteilen; vielmehr ist die Rasenfläche übersichtlich und wird von den gut 7000 Besuchern, die letztlich zusammenkommen, gut gefüllt. Klingt klein – aber fein. Viele Besucher schätzen die Veranstaltung gerade wegen der Intimität, und auch die auftretenden Bands fühlen sich nach Aussage der Organisatoren sehr wohl. Und das, obwohl vor allem die Headliner schon ganz andere Bühnen bespielt haben. Im vergangenen Jahr sorgten Jupiter Jones für ein furioses Finale, in diesem Jahr sind die Donots dran. Große Namen, für die man normalerweise deutlich mehr zahlen muss als die 13 Euro, die ein Green-Juice-Ticket im Vorverkauf kostet. Ein Konzept, das aufgeht, vor allem bei jungen Leuten, die in großen und kleinen Gruppen auf das Gelände strömen. Und bei perfektem Wetter eine riesige Punkrockparty feiern.
Musikalisch schwankt das Festival in diesem Jahr zwischen hart und launig, meistens trifft sogar beides zusammen. Formationen wie Schmutzki und Le Fly sorgen mit Postpunk respektive Ska für jede
Menge gute Laune – dabei ist es zweitrangig, dass erstere mit ihren Instrumenten nur das Nötigste machen, während Le Fly mit ihrer „Tanzkapellenmusik“ aus St. Pauli auf einem ganz anderen Niveau
agiert. Das Publikum tanzt und tobt dennoch bei beiden Bands begeistert über den Platz, dazwischen unter anderem zum fantastischen, kraftvollen Sound von The Intersphere abrockend. Und auf die
Donots wartend. Ihretwegen sind viele überhaupt erst gekommen, auch wenn der Weg mitunter etwas weiter war. „Ich bin extra deswegen aus Leverkusen angereist“, sagte etwa Jörg Meyer, der die
überschaubare Größe des Green Juice begrüßt. „Dann spürt man wenigstens was“, sagt er. „Die Atmosphäre ist großartig, die Musik klasse, der Eintritt unschlagbar günstig – was will man mehr?“
Ähnlich sehen es Miriam Kreuser aus Mainz und Tabea Schlandt aus Koblenz. „Ich finde vor allem das Line-Up noch stärker als im letzten Jahr“, sagt erstere. Nur wenige zeigen sich enttäuscht, so
wie Ingo Tewordt und Anne Thiebus, die auf etwas mehr Elektronika gehofft haben – die kleine Bühne am Rand, auf der zwei DJs während der doch recht langen Umbauphasen auf der Hauptbühne auflegen,
kann diese Wünsche nur bedingt befriedigen.
Dennoch ist es bemerkenswert, dass die Anwohner das Spektakel seit Jahren mitmachen. Natürlich ist es von Vorteil, dass mit den Brüdern Julian und Simon Reininger zwei der Organisatoren in der
Nachbarschaft aufgewachsen sind, dennoch ist es alles andere als selbstverständlich, dass ein Festival wie das Green Juice ohne Murren stattfinden kann – zumal schon am Tag zuvor, beim
kostenlosen Warm-Up mit lokalen Bands, die Anlage aufgedreht wurde. Umso größer ist die Dankbarkeit von Veranstaltern und Besuchern, die sich kurz vor dem Haupt-Act noch einmal in einem kräftigen
Applaus entlädt. Richtig so.
Endlich ist es soweit. Donot-Time. Zum Glück ist alles gut gegangen, auch der vom Publikum unbemerkte Gasalarm im nahe gelegenen Ennertbad, der beinahe zu einem Abbruch des Festivals geführt
hätte, erwies sich als Fehlmeldung einer automatischen Warnanlage. Keine Gefahr also für das Dauerfeuer der Ibbenbürener Alternative- und Punk-Band, die im vergangenen Jahr noch Rock am Ring
eröffnet hat und doch von den 7000 hier in Beuel absolut begeistert ist. Was auf Gegenseitigkeit beruht. Die Stimmung ist auf dem Höhepunkt, während die Knollmann-Brüder Ingo und Guido es richtig
krachen lassen. Die Menge springt begeistert im Takt, jubelt, tanzt und setzt zugleich, auf Wunsch der Donots, ein deutliches Zeichen gegen Rechts. „Nazis raus“, skandieren alle. Und feiern dann
bis 23 Uhr weiter. Friedlich, wie Veranstalter und Polizei übereinstimmend sagen. Die nächste Auflage des Green Juice Festivals kann somit kommen. Und die, so versprechen die Reiningers, wird
noch schöner und besser werden.
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