Orient trifft Okzident. Arabische Phrasierungen verbinden sich mit amerikanischen Jazz, griechische Modi mit dem Feuer der Roma-Musik: Aus all diesen Quellen speist sich der Klezmer, jene aus dem aschkenasischen Judentum stammende Volksmusiktradition, die sich in den osteuropäischen Schtetl bildete und in der sich die Traditionen eines aus zahlreichen Ländern vertriebenen und dennoch lebenslustigen Volkes wie in einem Schmelzkessel zu einem meist sehr tanzbaren Amalgam verband und noch immer verbindet. Zwei Wochen vor den 4. Bonner Klezmertagen, die vom 23. bis 26. September in der Brotfabrik in Beuel stattfinden werden, hat nun das Trio Yas am selben Ort aufgespielt – gewissermaßen als Warm-Up und Höhepunkt in einem.
Die Vielfalt des Klezmer stand denn auch im Mittelpunkt des Programms der drei exzellenten, international renommierten Musiker. Klarinettist Christian Dawid jubelte und trillerte, schluchzte und
zauberte, während Akkordeonistin Sanne Möricke, die am 25. September mit „You Shouldn't Know From It“ erneut in Bonn zu hören sein wird, mit Verve über die Tasten jagte. Derweil hielt Guy Schalom
sich nicht zurück, auch wenn Europas führender Klezmer-Drummer tatsächlich, wenn es die Situation erforderte, auch mal herrlich leise spielen konnte. Ebenso gerne griff er aber zur aus dem
arabischen Teil Nordafrikas stammenden Darabuka, um mit virtuosen Rhythmen Vollgas zu geben. Dazwischen finden sich Stücke aus Griechenland, Armenien oder den USA, alle mit einer eigenen Färbung,
mal durchaus an die Musik mittelalterlicher Spielleute erinnernd (was die ursprünglichen Klezmorim ja waren), dann wieder in den Jazz mäandernd. Als großes Vorbild nannte Trio Yas dabei den
legendären Dave Tarras, der für seine stilistische Breite ebenso berühmt war wie für seine technische Brillanz und der bis heute sowohl für den ursprünglichen amerikanischen Klezmer in den 30er
und 40er Jahren als auch für das Revival in den 70ern eine zentrale Figur ist.
Ende des Monats folgen dann im Rahmen des bereits genannten Festivals weitere Spielarten des Klezmer. So werden am Premierenabend – nach der traditionellen Eröffnung durch den Chor der Jüdischen
Gemeinde Bonn – die Sängerin Shura Lipovsky und das Ensemble Hapilpel in die sephardische Musik einführen, also die Klänge der iberischen Juden. Derweil werden die Beregovski-Preisträger Nicolaas
Cottenie und Jonas de Rave alias Maggid in Anlehnung an den großen Orientalisten Edward Said Grenzen zu überschreiten versuchen, ähnlich wie das Kölner Trio Kol-Colé – und die zuvor erwähnte Band
You Shouldn't Know From It wird einmal mehr zum Tanz aufspielen. Komplettiert wird das Programm der Klezmer-Tage durch den Geschichtenerzähler Gidon Horowitz, einen Nigunworkshop und erstmals –
dank einer Kooperation mit dem Förderverein Filmkultur – durch die Vorführung von vier Stummfilmen mit Livemusik-Untermalung durch das tschechische Ensemble Neuvĕřitelno. Mehr Klezmer geht kaum.
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