Ja, Gemüse darf verholzen. Zumindest musikalisch. Insbesondere dann, wenn es sich bei dem Grünzeug um die zauberhaften Zuccini Sistaz handelt, die sich dem flötenden Charme von Wildes Holz ergeben und die so entstandene tonale Liaison mit einem Doppelkonzert im Haus der Springmaus feiern. Das Triple-Rendezvous zwischen dem jungen Grünzeug und den gediegen gekleideten Naturburschen ist ein Augen- und Ohrenschmaus der besonderen Art, ein öffentliches Umwerben und Umgarnen mit jeder Menge Witz und erstaunlicher Harmonie. Und auch wenn der ein oder andere doch ein wenig zurückstecken muss und das Repertoire nicht ganz so vielfältig ist wie in Einzelauftritten der beiden Trios, sorgt das amouröse Spiel doch für jede Menge Unterhaltung und Begeisterung.
Selbstverständlich war dies keinesfalls: Zwei Kontrabässe, zwei Gitarren, eine Trompete und eine Blockflöte unter einen Hut zu kriegen, ist zweifelsfrei eine Herausforderung, und auch stilistisch sind die beiden Formationen eher eigen. Die Hölzer um den Diplom-Jazzflötisten Tobias Reisige verblüffen immer wieder mit ihren kreativen Arrangements, die normalerweise von Kraftwerk bis AC/DC und von Mozart bis Charlie Parker alles umfassen, was irgendwie spielbar ist, aber natürlich passgenau auf das Trio zugeschnitten sind. Und die grünen Sistaz mit ihrer Vorliebe für ausgefallene Kopfbedeckungen sind dank ihres bezaubernd kecken Witzes und ihrer musikalischen wie verbalen Koketterie immer für eine Überraschung gut, nehmen aber mit ihrem brillanten dreistimmigen Gesang auch immer einen beträchtlichen Raum ein. So ist es kein Wunder, dass sie sich ebenso wie die Hölzer der Schöpfung gewisse Solo-Blöcke auserbeten haben, in denen sie keine besondere Rücksicht auf das jeweils andere Geschlecht nehmen müssen. Da wird dann dem Schweinehund gedacht und die Cantina Band aus Star Wars auf die Erde geholt, kommt eine alte Fahrradhupe zum Einsatz, wird der absteigende Ast vertont und Bo Diddley geehrt. Klasse. Doch erst gemeinsam entfachen die Zuccinetten und ihre Gentlemen ein besonderes Feuerwerk.
Dabei ist Bassist Markus Conrads eine der treibenden Kräfte: In der Gesellschaft der Damen blüht er förmlich auf, greift auch mal zur Mandoline oder sogar zum Mikrofon, veranstaltet mit seinem
weiblichen Gegenstück Jule Balandat ein fröhliches Bäumchen-wechsel-dich-Spiel um das gemeinsame Instrument herum und hat dabei so viel Spaß, dass es für drei reicht. Auch ist er es, der sich auf
ein feines Duett mit Trompeterin Sinje Schnittker einlässt, die mit ihrem prägnant knackigen, mitunter auch schnarrenden Spiel ohnehin immer wieder Akzente setzt. Sie und ihre Kolleginnen
genießen diese Aufmerksamkeiten, lassen sich neckisch lächelnd auf die musikalischen Flirts ein und gestehen auch ein, dass ihnen inzwischen irgendwas fehlt, wenn die Hölzer nicht da sind – nur
um dann in eine fantastische Version von „Männer“ einzusteigen, die seltsamerweise mit der Zeile „Männer sind etwas sonderbar“ endet.
Eigentlich läuft also alles gut. Zugegeben, es wird etwas weniger gerockt als sonst und dafür mehr geswingt, da Wildes Holz unter anderem „Highway To Hell“ außen vor lässt und lediglich mit einer
Cover-Version der White-Stripes-Hymne „Seven Nation Army“ ihre harte Seite auslebt. Aber sonst? Lediglich Tobias Reisige muss in den gemeinsamen Stücken öfters mal zugunsten trällernder
Damenstimmen in die zweite Reihe treten, stellt dafür aber eindrucksvoll unter Beweis, dass dank einer guten Tontechnik und eines meisterhaften Spiels eine Blockflöte durchaus mit einem
Blechblasinstrument mithalten und kurz darauf mit einer Singenden Säge flirten kann. Dafür gibt es am Ende völlig zu Recht tosenden Applaus, Muffins mit Glitzer für alle und exklusiv für die
Zuccini Sistaz die Ehrenblockflöten in Grün. Also wenn das kein Zeichen ist...
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