Selbst die Lampen tanzen. Rauf und runter, sich drehende Flächen, Linien und Wellen bildend, schweben die mehr als 600 Leuchtkörper wie ein Schwarm dressierter Irrlichter über dem gewaltigen Innenraum der Llanxess Arena. Ein phänomenaler Anblick. Passt zu dem, was auf der Bühne passiert: Die Red Hot Chili Peppers, die im Rahmen ihrer Tour zum elften Album „The Getaway“ mit der ihnen eigenen, einzigartigen Energie nach Köln gekommen sind, scheinen es sich zum Ziel gemacht zu haben, jeden der rund 16.000 Fans bis runter auf die zelluläre Ebene zu elektrifizieren und sie für knapp zwei Stunden mit ihrem unverwechselbaren Sound irgendwo zwischen Punk, Funk und Hip Hop abheben zu lassen. Was dank einer starken Dynamik innerhalb des Konzerts auch funktioniert.
Stillstehen oder gar sitzenbleiben kann keiner, als die Peppers um kurz nach 21 Uhr loslegen und erst einmal ein paar ihrer größten Hits in die Menge ballern. „Around The World“, „Dani
California“, „The Zephyr Song“. Herrlich. Flea, der wie immer mit quietschgelben Haaren, Flickenhose und bloßem Oberkörper über die Bühne jagt und der zumindest aus der Ferne so wirkt, als hätten
ihm die vergangenen 33 Jahre nicht wirklich viel anhaben können, lässt seine funkigen Bassläufe einmal mehr wie permanente Stromstöße aus seinem Instrument fließen, während Drummer Chad Smith
nicht minder begeistert, nahezu ohne Pause Puls um Puls aussendet und sein Schlaggewitter selbst dann nicht für einen Sekundenbruchteil unterbricht, wenn er mal wieder einen seiner Sticks in
Richtung Publikum pfeffert. Dazu die krachenden Gitarren von Josh Klinghoffer und natürlich der Gesang von Anthony Kiedis, der offenbar die Erkältung auskuriert hat, die ihn Anfang des Monats
noch ein wenig heiser klingen ließ, und sich munter in jeden Rap und jede Melodie stürzt.
In Köln passt einfach alles zusammen, sehr zur Freude der Fans. Vergessen ist das lange Anstehen vor der Arena aufgrund der personalisierten Tickets, vergessen zum Glück auch der desaströse Sound
von Deerhoof, deren komplexer Noise-Rock dank gnadenloser Übersteuerung von Höhen, Tiefen und Lautstärke im Vorprogramm kaum zu ertragen war. Abhaken und verdrängen. Jetzt, mit den Peppers, ist
schließlich alles gut, zumal neben der ohnehin zu erwartenden Virtuosität auch die abwechslungsreiche Mischung aus alten und neuen Stücken stimmt. Die „Getaway“-Titel, allesamt nicht ganz so
stark wie das ältere Material, werden geschickt durch das aufgewertet, was das Publikum hören will. Mittendrin, zwischen dem clubtauglichen „Go Robot“ und dem kraftvollen „Detroit“, erklingt auf
einmal das legendäre „Californication“ – und schon singt die gesamte Arena diesen Song einer ganzen Generation, genießt den Moment und ist so bei dem herrlich groovenden „Did I Let You Know“ mit
seinen Americana-Anklängen und dem sich entgegen des Titels als veritabler neuen Party-Hit präsentierenden „Goodbye Angels“ auf dem Weg zum Höhepunkt. Der kommt schließlich mit „By The Way“,
einem weiteren hervorragenden Beispiel für die erfolgreiche Verschmelzung von aggressiven, rauen Shouts und massentauglichen Refrains, die die Red Hot Chili Peppers so überaus erfolgreich machen.
Die Wucht ist da, das Feuer, die Energie, und doch lenken die Kalifornier, mit Ausnahme von Klinghoffer alle inzwischen jenseits der 50 und doch mit der Energie früherer Zeiten, all das immer
wieder in hymnischen Wohlfühlklänge, ohne sich dabei zu verbiegen. Eine ganz große Kunst, die einfach Spaß macht. Und jeden tanzen lässt. Selbst die Lampen.
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