Ist das nun die richtige? Oder die falsche? Schäl Sick oder doch eher Sonnenseite? Jahrzehntelang haben Hermann Schwaderlappen (Nobert Alich) und Fritz Litzmann (Rainer Pause) diese Frage immer eindeutig beantworten können. Beuel, das ist näher an Westfalen dran, ist von Bonn und auch von Köln durch den Rhein getrennt und hat vor allem kein Pantheon. Drei Gründe, die für Klarheit sorgten. Bis jetzt. Bei der Premiere ihres aktuellen Weihnachts-Specials in der neuen Spielstätte des Kleinkunsttempels in der ehemaligen Schauspielhalle Beuel mussten die beiden liebenswerten Grantler mit neuen Begebenheiten zurecht kommen und ihre Position revidieren – was ihnen aber mit der ihnen eigenen Argumentationskraft mühelos gelingt. „Die richtige Seite ist eine Frage der Perspektive“, betont Litzmann, der sich zugleich über die Chance freut, „neue fremde Menschen“ und die Höhepunkte der einheimischen Architektur (etwa das Beueler Rathaus) kennenzulernen. Das ist doch schon einmal ein Anfang.
Natürlich kann sich ein Weihnachtsprogramm der beiden Ober-Pantheoniken nicht ausschließlich mit dem Umzug beschäftigen, auch wenn dieser ohne Zweifel ein einschneidendes Ereignis darstellt und
er das Duo darüber hinaus einen Schritt näher in Richtung Morgenland bringt. Doch gewisse Erwartungen müssen nun einmal selbst unter widrigen oder zumindest ungewöhnlichen Umständen erfüllt
werden – und so kommentieren Litzmann und Schwaderlappen in gewohnter Waldorf-und-Statler-Manier, ständig miteinander streitend und doch immer wieder am selben Stang ziehend, den Brexit und die
Flüchtlingskrise, die Wahl von Donald Trump („auch das können die Folgen von Integration sein“) und den Ursprung gebratener Hähnchenflügel. All das also, was angesichts des nahenden Heiligabends
relevant ist. Dazwischen die üblichen, von Pianist Stephan Ohm unaufgeregt begleiteten Gesangseinlagen samt des unter Pause/Alich-Fans hinlänglich bekannten Hits „Oh du schöne Weihnachtszeit“,
der „Ave Maria“-Version mit den Rap-Einlagen Fritz Litzmanns und der unabdingbaren Medleys, in denen so ziemlich alles von Operette über Schlager bis hin zu Rock und Pop verarbeitet wird, was
nicht auf drei in den Notenbüchern verschwunden ist. Nicht immer tun sich die beiden damit einen Gefallen, vor allem in der zweiten Hälfte des Programms, die insgesamt nicht ganz an das Niveau
der ersten Nummern heranreichen kann. Andererseits treffen diese „Potpürrees“, für die Litzmann und Schwaderlappen ebenso berühmt wie berüchtigt sind, zumindest den Geschmack des Publikums.
Dabei sind die beiden Streithälse eigentlich dann am stärksten, wenn sie sich in die Wolle kriegen und mit aberwitzigen Argumentationsketten die Welt erklären. So gilt kontrolliertes Saufen als
bester Schutz vor der Mafia, die ja in den USA erst durch die Prohibition ihre wahre Macht erlangte; und auch Klimawandel und die Angst vor besagten Flüchtlingen erklären Litzmann und
Schwaderlappen auf die ihnen eigene Weise. Sich gegenseitig hochschaukelnd setzen sie so die besten Höhepunkte – Ausnahme von dieser Regel ist übrigens auch die von Schwaderlappen beziehungsweise
seinem Alter Ego Norbert Alich verlesene Geschichte über den Weihnachtsbesuch bei Oma Stine, die ihre Smartphone-verkrüppelte Pizza-süchtige Familie irgendwann der Wohnung verweist, was dank
eingebauter Navigations-Apps zum Glück einigermaßen funktioniert. Das ist eine Solo-Nummer, die dank eines starken und vor allem stringenten Texts einfach großartig funktioniert. So macht ein
Weihnachtsprogramm einfach Spaß. Egal auf welcher Rheinseite.
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