Diäten über Diäten. Mit Ananas, Bandwürmern, Zungenpflastern und implantierten Magenpumpen. Viele Menschen tun alles, um abzunehmen. Und die meisten von ihnen scheitern. „Mit einer ausgewogenen Ernährung hat etwas wie die Ananas-Diät wirklich nicht zu tun“, betont Nicole Jäger. Doch es geht auch anders, und die sympathische Frau, die da auf der Bühne der Harmonie steht, ist der beste Beweis dafür. 340 Kilo hat sie früher gewogen, jetzt sind es noch 160 – und das ganz ohne Operationen oder Abnehm-Drinks mit Ochsenschwanzsuppengeschmack. Sondern mit einem eisernen Willen und einer positiven Einstellung. Kein leichter Weg: „Das Leben ist schön – von einfach kann keine Rede sein“, sagt Jäger. Aber ein gangbarer.
Seit ihrem unglaublichen Erfolg, den die 34-Jährige in ihrem Buch „Die Fettlöserin – Eine Anatomie des Abnehmens“ ebenso verarbeitet hat wie all die Leiden und Demütigungen, denen man als Übergewichtige ausgesetzt ist, erklimmt Jäger auch immer wieder die Bühne (erstmals übrigens im Januar hier in der Harmonie), um auf kabarettistische Weise aus ihrem Leben zu berichten und andere zu ermutigen, es ihr gleich zu tun. Was auch immer das bedeuten mag. Denn eine wirkliche Lösung präsentiert sie nicht, ebenso wenig wie die Hintergründe für ihr immenses Ursprungsgewicht oder irgendwelche konkreten Begründungen für ihre Ablehnung von Diäten wie Low Carb. Doch erstaunlicherweise stört dieser nur sehr rudimentäre ernährungswissenschaftliche Ansatz während des Programms kaum. Immerhin will dieses nicht etwa aufklären, sondern in erster Linie unterhalten. Was dank einer eloquenten und charismatischen Protagonistin auch erstaunlich gut funktioniert.
Ob es ihr Kampf mit Eisdielen-Stühlen ist oder eine Stil-Beratung für Menschen mit einem größeren Körperumfang (vorzugsweise ohne Zebra- oder Geparden-Muster), Jägers Performance sprüht vor ungezwungener Komik. Bis auf jene Passagen, in denen sie ernst wird. Und der Saal mucksmäuschenstill. Wenn Jäger die bösen Kommentare verliest, die sie auf unterschiedlichem Wege erreicht haben, von Körper-Nazis, die sie vergasen wollen, aber auch von Familienmitgliedern; oder wenn sie später von dem Leidensdruck spricht, unter dem all jene stehen, die nicht der Idealfigur entsprechen und die sich gerade deshalb für die anfangs beschriebenen Diäten und Eingriffe entscheiden, weil sie das Risiko lebensbedrohlicher Komplikationen geringer einschätzen als die Gefahr, seelisch zu zerbrechen, bleibt dem Publikum das Lachen im Halse stecken. Starke Momente. Doch Nicole Jäger will niemanden im Tal der Betroffenheit lassen. Dafür hat sie zu viel Lebensfreude. Vielleicht ist das ihr einziges Geheimnis. „Du hast ein Recht auf Leichtigkeit“, sagt sie. „Und die beginnt in deinem Kopf.“
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