Normal ist an diesen Weihnachtsfeiertagen nichts. Gar nichts. Große und kleine Katastrophen bestimmen vielmehr das Bild, das Andreas Etienne und Michael Müller traditionsgemäß im Haus der Springmaus malen: Mal hinterlassen übereifrige Handwerker ein einziges Chaos, dann wieder stößt eine allzu ambitionierte Festtagsplanung an ihre Grenzen. Ein wunderbarer Wahnsinn, der in hohem Bogen aus einem der stärksten Weihnachtsprogramme quillt, das die beiden in den vergangenen Jahren auf die Bühne gebracht haben. Ein Sketch nach dem anderen attackiert erfolgreich das Zwerchfell, mal bewusst schrill mit der „Sphäre des Neo-Dilletantismus“ spielend, dann wieder mit herrlichen Absurditäten jonglierend, immer aber für donnernde Lachsalven sorgend. Ein schöner Abend mit vielen Überraschungen – und ein paar alten Bekannten.
Etienne und Müller gelingt es mühelos, alltägliche Situationen gnadenlos zu überzeichnen, ohne dabei allerdings in Albernheiten abzurutschen. Dem Ideal Loriots verpflichtet (nicht umsonst trägt
das Programm den Titel „Früher war mehr Lametta“) schicken die beiden mal einen kleinwüchsigen und wie ein Rohrspatz fluchenden Weihnachtsmann auf die Bühne, der seine Zuneigung zur Welt einfach
nicht zu zeigen vermag, oder mimen ein Ehepaar, das sich ganz bewusst nichts schenken will, so dass vor allem die Frau im Haus letztlich genau das bekommt, was sie will. Hat was von emotionaler
Erpressung, aber was tut man nicht alles, um die Feiertage zu retten und den Haussegen zu bewahren.
Natürlich dürfen auch einige Klassiker nicht fehlen. So sind die beiden hilfsbereiten Schnapsdrosseln Tinchen und Fienchen wieder mit von der Partie und wenden sich diesmal unter den Pseudonymen
Sushi und Mushi der japanischen Tradition zu, die dank Elsässer Birnenbrand und Molekularküche einigermaßen zu ertragen ist – allerdings ist der Auftritt der trinkwütigen Großmütter ein wenig
überdimensioniert und gehört trotz (oder gerade wegen) eines ausgedehnten „No-Go-Theaters“ zu den schwächsten Passagen des Abends. Klasse dagegen die zwei sich beständig mit Lügengeschichten
überbietenden Angeber, die mit Wonne auf einem Elefanten den Kilimandscharo herunterrutschen oder mit Hilfe einer Leuchtpistole eine russische Abfahrt samt dazu gehörender Lawine meistern und die
schon seit längerem in den Programmen von Etiennen und Müller einen festen Platz haben.
Am stärksten sind die beiden Chef-Springmäuse allerdings immer dann, wenn sie den Absurditäten einen sachlichen Tonfall entgegensetzen. Großartig sind sie etwa als Sicherheitsleute vor dem
Kanzleramt, die „Wildente“ Merkel und „Stinktier“ Seehofer bewachen müssen und sich mit Hilfe eines roten Telefons und der bereitstehenden Einsatzkräfte zumindest etwas Abwechslung gönnen. Und
wenn erst ein Ghettoblaster zu einer Fliegenfalle wird, die in ihrer Genialität irgendwo zwischen Vergnügungspark und Folter-Labyrinth anzusiedeln ist und die dennoch letztlich nur schreiend
komisch wirkt, hält es nur noch die Hartgesottensten auf ihren Stühlen. Jetzt können die Festtage ruhig kommen. Schlimmer als in den Sketchen kann es schließlich nicht werden. Irgendwie
beruhigend.
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