Eine Abschweifung in der Abschweifung in der Abschweifung: Mit Stringenz steht Konrad Beikircher offenbar auf Kriegsfuß. Der selbsternannte Verteidiger der rheinischen Seele sorgt bei seinem Auftritt im Pantheon einmal mehr mit seinen Schachtelgeschichten für Amüsement und Verwirrung zugleich. „Dei Gedanken gehen mit mir fliegen“, kommentiert er dies. Und lässt es doch nur zu gerne zu. Immer wieder lässt er sich ablenken, unterbricht seine Gedankengänge für Anekdötchen und Verzällcher und stützt sich dabei lediglich auf zwei Konstanten: Seine Liebe für die Region und seine Leidenschaft für den „normalen Glauben“, den Katholizismus.
Dabei übertreibt es Beikircher allerdings gerne. Zugegeben, seine Schlachten „zwischen uns und denne do“ schlägt er immer mit einem deutlichen Augenzwinkern, nimmt sich selbst und die gängigen
Vorurteile gerne mal aufs Korn – und doch greift er immer wieder ohne Not Parolen auf, die in der Vergangenheit für schreckliche Verbrechen gesorgt haben. „Der normale Glauben ist einfach näher
an der Wahrheit dran“, sagt er etwa. Ein ganz gefährlicher Satz, der allerdings nicht hinreichend hinterfragt wird. Stattdessen stürzt sich Beikircher auf die hohe Reliquiendichte, die das
Rheinland angeblich so lebenswert macht, verweist geschickt auf den Placebo-Effekt und führt dann den Glauben an den Heiligen Vitus ins Lächerliche: „Der Heilige Vitus ist für gegen Undicht.“
Stimmt ja auch, unter anderem. Aber muss man deswegen einen Inkontinenz-Witz an den nächsten reihen?
Andererseits hat Beikircher, nicht zuletzt dank seiner Südtiroler Herkunft, einen ganz eigenen und in der Regel überaus erfrischenden Blick auf die rheinische Lebensart. Wenn er den
Kalorienbedarf zwischen Hochdeutsch und Kölsch berechnet oder über seine erste Begegnung mit einem Beueler berichtet, der ihm in einer Kneipe auf Französisch irgendwelche unverstandenen
Geschichten erzählt, ist das einfach herrlich. Liebevoll überzeichnet er die Eigenschaften eines „lecker rheinisch Mädchen“ oder erinnert sich an seine frühen Jahre in Bonn, wo er 1965 zum ersten
Mal aufschlug und seitdem nicht mehr weg möchte. „Meine Heimat ist Südtirol, mein Zuhause das Rheinland“, sagt er. Das Publikum liebt ihn dafür und feiert ihn trotz (oder vielleicht auch wegen)
seines aktivierten Kirchenmodus mit kontinuierlichem Applaus.
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