Sonderlich viel hat man ja nicht gewusst von dieser Terra Incognita jenseits des gewaltigen Stroms, dieser Ostzone des Rheinlands, die noch ein wenig näher am Kreml dran ist und damit schon einmal per se kritisch zu betrachten ist. Doch selbst Fritz Litzmann (Rainer Pause) und Hermann Schwaderlappen (Norbert Alich) müssen zugestehen, dass die Sonnenseite namens Beuel weitaus schöner ist als wie man meint – und vor allem weitaus närrischer. In die Schar der Möhnen und Wäscherprinzessinnen passt das Ensemble des Pink Punk Pantheon zumindest perfekt hinein, wie es beim Auftakt zur 34. Session in der neuen Spielstätte unter Beweis stellt. Und das nicht nur wegen der spielfreudigen Waschweiber-Combo.
Tatsächlich ergänzt der PPP, die längst zum Kult avancierte kabarettistische Karnevalsrevue des Kleinkunsttempels in der Regie von Molly Spitta, das lustige Treiben in der fünften Jahreszeit mit
einem bunten und verrückten Programm. Schon Fritz Litzmann ersetzt locker zwei Bützoffiziere, trinkt allerdings auch für acht und sorgt zugleich für den ein oder anderen Knoten im Kopf. Gemeinsam
mit seinem alten Busenkumpel Schwaderlappen, der das letztgenannte Gewirr gerne mal mit einem verbalen Schwertschlag zu durchtrennen versucht, läuft der FKK-Rhenania-Vorstand zu gewohnt
hochprozentiger Form auf, die Toten des Jahres durcheinanderbringend und doch kurz darauf die Heisenbergsche Unschärferelation anhand eines Bieres erklärend. Die beiden Chaoten sind Moderatoren
und Konstanten des Abends, immer herrlich absurd und mitunter ziemlich bissig – ein Level, das das Ensemble nur zum Teil aufrecht erhalten kann. Längst nicht alle Sketche und Lieder zünden, auch
wenn mitunter die Ideen (darunter die des Karnexit angesichts des wachsenden Faschingismus) zunächst vielversprechend erscheinen. Doch wenn etwa die Ausdünstungen eines Vegetariers und eines
Mischköstlers zuerst olfaktorisch analysiert und schließlich mit Känguru-Darm-Bakterien behandelt werden oder alle möglichen Unterämter zur Bestandsregulierung von Jägern, Kabarettisten und
Zuschauern aufrufen, verzettelt sich die Truppe gerne mal. Und was das von Maryam Yazdetschi und Sia Korthaus vorgetragene Lied „Die perfekte Ergänzung“, die völlig sinnfreie
Star-Wars-Historienpersiflage (ebenfalls Korthaus) oder der Substanz vermissen lassende Anti-Trump-Song des Ensemble-Neulings Tom Jacobs bringen sollen, erschließt sich ohnehin kaum.
Andererseits sorgen immer wieder brillante Nummern für tosenden Applaus: Vor allem Beate Bohr liefert mit ihrem Glyphosat-Selbstversuch, ihrem Auftritt mit einer rassistischen Puppe (Massimo
Tuveri), ihrer Ingo-Insterburg-Variante von „Ich liebte ein Mädchen“ und ihrer Leistung im unglaublich starken Sketch über ein altersarmes Seniorinnen-Quartett mit Bankraub-Ambitionen ein
Meisterstück nach dem nächsten ab. Gleiches gilt für Tunҫ Denizer, der als Markus Lanz einmal mehr sein Imitations-Talent unter Beweis stellt, in einem Smart Home an den Marotten seiner
intelligenten Möbelstücke verzweifelt und als versteckter Vocal-Perkussionist einen Matrosen (Tuveri) erst irritiert, dann begeistert und schließlich in Panik versetzt. Großartig. Doch ohne
Litzmann und Schwaderlappen, die alles zusammenhalten, nur halb so stark. Die rheinische Antwort auf Waldorf und Statler darf sich eben alles erlauben, selbst ein unter anderen Umständen als
Terror zu bezeichnendes Flötenkonzert. Immerhin entschuldigt sich Schwaderlappen im Anschluss mit einem Duett mit Sia Korthaus. Sollten die beiden öfter machen. Somit haben die Gäste des PPP ein
Stück mehr, auf das sie sich freuen können. Denn auch wenn üblicherweise nach der Premiere noch das ein oder andere gestrichen oder ersetzt wird, nicht zuletzt um die Drei-Stunden-Grenze
einhalten zu können, wird dieses Lied wohl kaum dem Rotstift zum Opfer fallen. Wer dies allerdings erleben will, sollte sich beeilen: Die meisten Veranstaltungen sind trotz der Vergrößerung des
Pantheon-Saals bereits ausverkauft.
Kommentar schreiben