So eine Gelegenheit ist rar: Obwohl Frank Woeste in Hannover geboren wurde, ist Deutschland für den seit Jahren in Paris lebenden Jazzpianisten lange ein weißer Fleck auf der musikalischen Landkarte geblieben. Und noch seltener lässt sich der 40-Jährige auf ein Solo-Konzert ein. Im Kammermusiksaal des Beethovenhauses hat Woeste dies nun dennoch getan und damit sowohl für den Jahresauftakt der Reihe „Aspekte“ als auch für den von „Piano? Forte!“ gesorgt. Ein besonderer Auftritt eines brillanten Virtuosen. Sein brandneues Programm „Hapax“ (griechisch für „einmal“) dreht sich dabei um die Magie der Improvisation, um einzigartige Momente und Klänge sowie um den für Jazzer essentiellen Drang, sich permanent neu zu erfinden.
Immer wieder sucht Woeste nach noch unbeschrittenen Pfaden, nach Auswegen aus dem ewig gleichen Trott jener Motive und Rhythmen, die seinen Kompositionen zu Grunde lagen. So schichtet er Töne
aufeinander, die sich auffalteten und wiederum andere Möglichkeiten erahnen ließen, nur um dann wieder zurückzukehren zu seiner Basis, jener Beständigkeit, aus der heraus das Unbeständige erst
möglich wird. Und das doch in manchen Momenten ein wenig redundant wirkt. So ganz einmalig ist das Gespielte nicht. Aber gut, ein gewisser Rahmen ergibt auch Sinn – und so lässt sich Woeste mal
von den Erinnerungen an eine Afrika-Tour und die abendlichen Jam-Sessions inspirieren, mal von Regentropfen auf der Schaufensterscheibe einer Brasserie in Montparnasse und mal vom legendären
Fotografen Man Ray. „Bei diesem Stück hätte ich manchmal gerne eine dritte Hand“, sagt er. Zum Klatschen. Das übernimmt das Publikum, so gut es eben geht. Immerhin, eine derartige Interaktivität
ist bei einem Jazz-Solo-Konzert auch nicht normal.
Knapp anderthalb Stunden versinkt Woeste in meditativen, fast schon sphärischen Harmonien, die wahrscheinlich durch das normalerweise gerne hinzugezogene und nur an diesem Abend fehlende Fender
Rhodes noch weiter an Strahlkraft gewonnen hätten, oder jagt mit flirrenden Akkorden über die Tasten. Schön auch das gefühlvolle „In A Sentimental Mood“, fein gespielt, ohne allzu viele
Verzierungen, ganz reduziert und gerade dadurch so intensiv. Ein schönes Konzert, das auch Woeste zu gefallen scheint. „Ich habe Spaß hier“, sagt er am Ende. Klingt doch gut.
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