So reißt man das Publikum von den Stühlen: Zum Abschluss eines bemerkenswerten Konzerts in der Bonner Oper hat es Nils Landgren noch einmal allen gezeigt. Ein paar exzellente Funk-Einwürfe, ein bisschen fetziger Gesang, eine ebenso höfliche wie nachdrückliche Aufforderung, und schon steht der gesamte Saal Kopf. Ja, der Mann mit der roten Posaune weiß eben zu elektrisieren und zu berühren; da können sich manche noch eine Scheibe von abschneiden. Andererseits, wie kann man auch still sitzen bei einem Programm zwischen Swing und Funk, zwischen Charlie Chaplins „Smile“ und Landgrens eigener „House Party“? Zusammen mit dem Bundesjazzorchester (Bujazzo), das einmal mehr seine Brillanz unter Beweis stellt, gestaltet der 60-Jährige einen herrlich jazzigen Abend, der nur wenige Wünsche offen lässt.
Streng genommen ist Landgren ohnehin nur Gast. Vielmehr soll im Rahmen der Reihe „Jazz in der Oper“, die in der Vergangenheit mitunter etwas stiefmütterlich behandeln worden war und die sich daher umso mehr über einen fast ausverkauften Saal freuen dürfte, ein Überblick über die enorme Bandbreite des Bujazzo gegeben werden, wofür sich das unter der Leitung von Jörg Achim Keller erarbeitete Programm „The Art of the Chart“ bestens eignet. Keller, der zuletzt Chefdirigent der NDR Bigband war, hat aus seinem aus mehreren tausend Arrangements bestehenden Archiv mal klassisch gesetzte und dann wieder stark verfremdete Stücke zusammengestellt – zu letzteren zählt etwa die fast schon bedrohlich klingende Version von „Singin' In The Rain“, in der die Leichtigkeit und Eleganz des Originals zu Gunsten einer eher an „Mission Impossible“ erinnernden Düsternis an den Rand gedrängt wurde. Umso größer die Herausforderung, auch für das fünfköpfige Vocal-Ensemble des Bujazzo, das sich ohnehin mit eher ungewöhnlichen Chorsätzen beschäftigen musste und erst zum Ende hin, bei Landgrens „Ain't Nobody“, eine gewisse Lockerheit und Natürlichkeit an den Tag zu legen vermochte. Steht ihnen aber ausgezeichnet, ebenso wie Landgren, der mit seinem hauchigen Tenor unter anderem ein wunderschönes „That Old Black Magic“ interpretiert und dazwischen mit seiner Posaune immer wieder Akzente setzt. Dabei kann das Bujazzo aber ohne weiteres mithalten: Exzellente Soli, etwa von Trompeter Marko Mebus bei „It Only Happens Every Time“, sowie ein starker Gesamtklang sorgen beim Publikum immer wieder für Begeisterung.
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