Springen, stehen, gehen, heben, tragen, tanzen: Die Bewegungsfähigkeit des menschlichen Körpers ist ein Wunderwerk der Evolution. Um diesem Potenzial ein Denkmal zu setzen, haben die Mobilés, die in der jüngsten Vergangenheit in Bonn vor allem mit ihrem Schattentheater „Moving Shadows“ für Aufsehen sorgten, ihr sieben Jahre altes Programm „BeWeGung“ reanimiert und im Haus der Springmaus einen Parforce-Ritt durch die Welt der Mobilität in all ihren Facetten präsentiert. In einer wilden Aneinanderreihung von schreiend komischen, mitunter recht albernen und erstaunlich akrobatischen Szenen zeigt das Ensemble eindrucksvoll, wozu man fähig ist. Wenn man nur mal aufsteht.
Wie in einer popularwissenschaftlichen Dokumentation mit einer ordentlichen Dosis Monty-Python-Charme entfaltet sich diese Ode an Knochen und Gelenke: Das Spiel der Muskeln wird ebenso
dargestellt wie die Entwicklung der motorischen Fähigkeiten von Kleinkindern und die Geschichte des Tanzes, die sich vom klassischen Paartanz bis hin zum depressiven Grunge, dem legendären
Moonwalk Michael Jacksons und dem wahnwitzigen Gespringe zu „Cotton Eye Joe“ spannt. Dabei wandern die Mobilés auf dem schmalen Grad zwischen Pathos und Groteske, vor allem da Regisseur Harald
Fuß Wert auf Witz gelegt hat. Was nicht immer eine gute Entscheidung ist. Wenn die Kunst der Entspannung anhand von Klo-Problemen auf einer Autobahnraststätte erörtert werden soll, im
Fitness-Studio auf die leistungssteigernde Droge namens Frau zurückgegriffen wird, die Männer zugleich zu Affen mutieren lässt, oder wenn die Handwerker-Leidenschaft als Ausgleich für die geringe
körperliche Auslastung im Beruf in Anlehnung an den Werbespot einer bekannten Baumarkt-Kette zur Manie wird, muss die Eleganz zu Gunsten der humoristischen Plumpheit zurücktreten. Dabei geht es
doch auch anders: Köstlich etwa der Handy-Terror während einer Tanzvorführung oder auch die wunderbare Fußball-Nummer, bei der einige bekannte Weisheiten („Der springende Punkt ist der Ball“,
„Das Runde muss ins Eckige“) geschickt mit einer exzellenten Choreographie kombiniert werden, die gespickt ist mit herausragenden Slow-Motion-Sequenzen, fein ziselierten Klischees und
meisterhafter Körperbeherrschung. Und manchmal reicht auch nur ein kleiner, intelligenter Einfall, um eine Performance aufzuwerten, so wie etwa die Einbeziehung der Wirkung von Drogen auf den
menschlichen Metabolismus in der bereits erwähnten Muskelspiel-Nummer.
Auch wenn die Choreographie aufgrund unnötig aufgepfropfter Kalauer mitunter einige Schwächen aufweist, können die fünf Tänzer nicht hoch genug gelobt werden. Zwei Stunden lang sind sie auf der
Bühne omnipräsent, haben kaum Ruhephasen und sind doch immer auf dem Punkt. Selbst als das Playback widerborstig wird, einen der aus Stimm- und Musikbeiträgen bestehenden Track mehrfach und den
richtigen gar nicht startet, bleibt das Ensemble ruhig und improvisiert schließlich, nur um die von Technik und Willen umkämpfte Szene im Anschluss kurzerhand nachzuholen. Das Publikum nimmt es
mit Humor – und feiert die Mobilés am Ende mit tosendem Applaus. Zu Recht – ihr abwechslungsreiches, letztlich amüsantes und vor allem lustvolles Zelebrieren von Bewegung lässt in der Gesamtschau
keine andere Reaktion zu.
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