Irgendwie ist das Alter nie das richtige. Mit 20 hat man noch keine Ahnung, mit 60 sieht man schon den Schnitter im Spiegel grinsen – und mit Mitte 40 ist auch alles schwierig. Zu jung für eine Midlife-Crisis und zu alt für eine Youtube-Karriere. „Ich rede mit meinen Kumpels mehr über Krankheiten als über Frauen“, kommentiert Guido Fischer dies. Zusammen mit seinem langjährigen Bühnenkollegen Björn Jung erörtert er in dem neuen Programm „Innen 20, außen ranzig“ die Tücken die Tücken eines Lebensabschnitts, in dem man zum letzten Mal die Chance hat, sich neu zu erfinden. Insofern stehen wichtige Fragen an: Ist die Aqua-Gymnastik die richtige Freizeit-Beschäftigung? Hilft Meerrettich beim Nachspielen des Films „9½ Wochen“? Ist ein McDonalds-Besuch mit Mutti wirklich ein erstrebenswertes Ziel im Leben? Und was ist für das eigene Wohlbefinden besser, Frottee oder Latex? Im Haus der Springmaus haben Fischer und Jung nun in einer Vorpremiere ihre Pointen getestet – und dürften mit dem Ergebnis eigentlich sehr zufrieden sein.
Zugegeben, sonderlich innovativ ist der Ansatz nicht, den die beiden verfolgen. Das gilt für die Komödien wie „Männerhort“, „Ladies Night“ oder „Paarungssache“, die Fischer und Jung mit ihrer
eigenen Theaterproduktionsfirma auf mehr als 300 Bühnen gebracht haben und die auch im Haus der Springmaus zu den Dauerbrennern gehören, ebenso wie für „Innen 20, außen ranzig.“
„Betroffenheits-Comedy“ für die Generation Ü50 mit einem sich ständig kabbelnden Duo, das wahlweise das Publikum oder sich selbst aufs Korn nimmt, gerne mal ins Ordinäre abgleitet („Marita, hast
du Wasser in den Beinen? Meine Rute schlägt aus.“) oder Filmklassiker wie den „Paten“ persifliert, gehört in gewisser Weise schon selbst zu den Klassikern – aber es funktioniert. Zumindest in der
Springmaus. Vor allem deshalb, weil Fischer und Jung in Endenich sichtlich Spaß am Spiel hatten und die großen Peinlichkeiten immer wieder geschickt umschifften. Selbst der „Dirty Talk“-Versuch
von Fischer, der wahrscheinlich einmal mehr den Leistungsdruck seines Vaters spürte („ein Fischer wird immer erster, und zwar mit Abstand“), sackte nicht allzu sehr ab, wurde zwar albern, aber zu
keinem Zeitpunkt billig. Bemerkenswert.
Richtig gut wurde das Duo immer dann, wenn es die eigene Freundschaft auf die Probe stellte und ihre Bühnen-Alter-Egos an den Rand des Wahnsinns führte. Mal sorgten fehlende blaue
Lesebestätigungen beim Chat-Dienst WhatsApp für einen cholerischen Ausbruch, dann wiederum die reine Wahrheit, die ja doch keiner hören will. Herrlich auch, wie die beiden ein Telefonat Jungs mit
seiner Flamme Nicole probten, was Fischer immer wieder für feine Spitzen nutzte, während sein Gegenüber bei all den verschiedenen Gesprächsebenen zunehmend den Bezug zur Realität verlor. Noch
besser war die Revanche Jungs, der ein gefordertes Zwei-Minuten-Gespräch zunächst mit Verständnisschwierigkeiten und schließlich mit einem stoisch gekauten Bonbon torpedierte. Nur gucken, nichts
sagen und Fischer explodieren lassen – das genügte schon für eine extrem unterhaltsame Szene.
Insofern erwies sich die Generalprobe als überaus erfolgreich. Kleinere Unsicherheiten überspielten Fischer und Jung souverän, selbst die massiven Knackgeräusche im Mikrofon des letzteren waren
lediglich irritierend, aber nicht desaströs. Die Kommunikation mit dem begeisterten Publikum lief auch wie am Schnürchen, zumal dieses durchaus bereit war, ab und an über die passive
Rezipientenrolle hinauszugehen und das Bühnengeschehen zu kommentieren, was den beiden Schauspielern wiederum sehr entgegenkam. Der offiziellen Premiere steht also nicht mehr viel im Weg. Diese
ist für den 25. April angesetzt – natürlich ebenfalls im Haus der Springmaus.
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