Irgendwann tanzen alle. Ausnahmslos alle. Wippen, springen, wedeln zu Reggae- und Ska-Rhythmen, zu Saxofon- und Trompeten-Einwürfen, zu Weltoffenheitsaufrufen und zu Blätterhymnen. Kein Zweifel, Jamaram haben bei ihrem ersten Bonner Konzert den richtigen Nerv getroffen. In der Harmonie herrscht Partystimmung, während die Band aus München der Menge einheizt und diese zugleich immer wieder mit einbindet, bis die sonst üblichen Grenzen zwischen Musikern und Publikum zu verschwimmen beginnen. Mitsingen wird zur Selbstverständlichkeit, was vor allem Frontmann Tom Lugo begeistert ausnutzt, einigen Fans immer wieder das Mikrofon unter die Nase hält oder sie – wie im Falle einer charmanten jungen Frau mit schöner klarer Stimme – kurzerhand auf die Bühne holt. Herrlich.
Dabei haben Jamaram neben diversen Klassikern aus nunmehr 17 Jahren vor allem jede Menge neuer Songs von ihrem brandaktuellen Album „Freedom of Screech“ im Gepäck. Und die haben es wirklich in
sich: Noch nie klang das Oktett so abwechslungsreich wie an diesem Abend. Dub, Reggae und Ska gehören ja zum Grundrepertoire, auch Latinklänge und Afrobeats ist man von der Band seit Jahren
gewohnt – doch jetzt nehmen die Jamaram-Chamäleons mitunter sogar die düstere Klangfarbe von hartem Alternative Rock an, der zumindest in einem Fall durchaus von Rage Against The Machine
inspiriert sein könnte. Unerwartet, aber gut. Sehr gut sogar. Umso stärker wirken hinterher die typischen Gute-Laune-Songs wie das von einer kollektiven Choreographie getragene „Green Leaf“, das
in seiner kindlichen Brillanz einfach zu einem Jamaram-Konzert dazugehört, auch wenn es einige Bandmitglieder geben soll, die es gerne mal aus dem Programm streichen würden.
Die gute Stimmung im bunt gemischten Publikum steigt kontinuierlich an; die in der Band auch. Die leichte Trägheit der ersten Songs ist längst wie weggeblasen, alle sind hellwach – na ja, fast
alle. Gitarrist und Co-Sänger Sammy Danger scheint nicht so richtig in Form zu sein, lässt eine saubere Intonation vermissen und presst mehr, als er müsste. Vielleicht steckt ihm aber auch die
Tour durch Kolumbien noch in den Knochen, von der die Band erst eine Woche zuvor zurückgekehrt sind. Egal, am Ergebnis ändert dies nichts. Bonn und Jamaram, das ist Liebe auf den ersten Ton. Nach
einem gemeinsamen Walzer sind ohnehin alle eine Familie, und als die Musiker schließlich mit ihren Instrumenten ins Publikum ziehen und dort zum Abschluss eine Art Samba-Reggae spielen, ist das
Gemeinschaftsgefühl überwältigend stark. Ach, wenn doch alle Konzerte so sein könnten. Jetzt bleibt nur zu hoffen, dass der erste Auftritt in der Harmonie für Jamaram nicht der einzige bleibt.
Die müssen einfach wiederkommen. Und das Publikum erneut im Reggae vereinen.
Kommentar schreiben