Behandlung gelungen, Patient rockt. Bei seiner musikalischen Sprechstunde in der Harmonie hat Dr. Feelgood dem Publikum einmal mehr eine ordentliche Dosis Blues und Rock 'n' Roll verabreicht, die selbst tote Männer wieder munter machen würde. Was für ein bemerkenswerter Sound, krachend, schnörkellos und irgendwie direkt aus den 70ern kommend, als die Originalbesetzung um Lee Brilleaux und Wilko Johnson noch aktiv war und die britischen Charts stürmte. Bemerkenswert deshalb, weil seine Wirkung nicht nachgelassen hat – und weil zumindest auf den ersten Blick eine derartige Energie nicht zu erwarten gewesen wäre.
Denn mit Ausnahme von Frontmann Robert Kane, einer amtlichen Rampensau mit Powerstimme, hat die Band die Ausstrahlung eines urtümlichen Steinhaufens. Andererseits bearbeiten sie ihre Instrumente
überaus souverän, im Falle von Gitarrist Steve Walwyn sogar virtuos. Letzterer greift auch mal selbst zum Mikro, ist aber letztlich vor allem an den Saiten unabdingbar und erweist sich als
veritabler Gegenpol zum extrovertierten Kane.
Dieser dominiert das Geschehen, schreit, springt, stürmt über die Bühne, immer im Kontakt mit dem Publikum und selbiges immer wieder anheizend. Cover von Bo Diddley („I Can Tell“), Otis Clay
(„Baby Jane“) und Bill Hayley („See You Later, Alligator“) singt er mit ebenso viel Enthusiasmus wie die Klassiker von Dr. Feelgood, allen voran „Milk And Alkohol“, „Roxette“ und „Down At The
Doctors“, die das Publikum begeistert mitgröhlt. Die Menge ist ohnehin mehr als zufrieden mit der Rock-Behandlung, tanzt zwar nicht auf den Tischen, wohl aber im Saal und fordert am Ende der mit
gerade einmal 75 Minuten sehr knapp bemessenen offiziellen Visite vehement eine Zugabe, bis Dr. Feelgood sich doch noch erweichen lässt, den „Mad Man Blues“ mit ein wenig „Tequila“ versetzt und
die bittere Pille eines doch recht frühen Endes für das Publikum erträglich werden lässt.
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