Wenn eine ebenso irre wie geniale Gauklertruppe ohne Rücksicht auf Verluste Balkan-Beats und Tarantella, Hip-Hop und Gypsy mischt, sich zugleich einer babylonischen Sprachverwirrung hingibt und damit das Publikum völlig um den Verstand bringt, ist eine wilde Party garantiert. So wie jetzt in der Harmonie beim Besuch von La Caravane Passe. Das wahnwitzige Quintett, das anlässlich des „Over the Border“-Festivals in Bonn gastierte, hat sich das französische Sprichwort „Der Hund bellt, die Karawane zieht weiter“ („le chien aboie, la caravane passe“) offenbar zu Herzen genommen: Vom Gebell vermeintlicher Grenzwächter lässt es sich ebenso wenig aufhalten wie von Moralaposteln und Musikpuristen. Mit ihrem Kaleidoskop aus urbanen und folkloristischen Klängen, in dem lediglich das Wort „unmöglich“ unmöglich scheint, sorgen die weltoffenen Franzosen für eine grandiose Stimmung, die ihresgleichen sucht.
Für jedes Kleidungsstück, das Frontmann Toma Feterman ablegt, dreht La Caravane Passe noch weiter auf. Der Ex-Punk mit polnisch-jüdisch-rumänischen Wurzeln macht sich nicht nur innerlich frei, zeigt in einer kleinen Strip-Nummer sogar für einen Augenblick seinen blanken Hintern und heizt nicht nur seine Band, sondern auch das Publikum immer weiter an. Ohnehin ist der Kontakt mit der Menge essentiell – und die reagiert nur zu gerne. Mal spielen erhobene Hände ausgelassen Luftgitarre, dann wieder bilden sich auf Kommando mehrere Kreistanz-Gruppen. Dazu die üblichen Spring- und Singspiele, ob die Texte nun verstanden werden oder nicht. Egal. Das charmante Kauderwelsch von La Caravane Passe, das sich gerne in Hip-Hop-Phrasen manifestiert und mitunter ein wenig in dem Tohuwabohu untergeht, erfüllt seinen Zweck, und die wichtigsten Aussagen werden ohnehin von Feterman zusammengefasst. Dieser wiederum übernimmt ein ums andere Mal neue Rollen, wird mal dank Fellmütze zum Klischee-Balkan-Sänger russischer Prägung und dann wieder zum Zigeuner aus dem imaginären Nomadendorf Plèchti, während seine Kollegen Ollivier Llugany (wahlweise eine Art Don Juan oder ein versierter Basshorn-Spieler), Pat Gigon (Drums), Ben Body (Bass) und Cyril Moret (Saxofon) die Karawane immer weiter antreiben und den Tross auf Trab halten. Gegen diesen musikalischen Wahnsinn kommt keiner an. Will aber auch keiner. Da können die Hunde noch so laut bellen.
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