Es war ein Auftakt für die breite Masse: Auftritte von Jasmin Tabatabai und der Jazzkantine haben am vergangenen Freitag die diesjährige Ausgabe des Jazzfests Bonn eingeläutet und damit gezeigt, wie weit verzweigt der Jazz ist. Überall ist er zu finden, jedes Lied (na gut, fast jedes) kann ihm überantwortet werden, jeden Stil kann er erweitern. Ob Liedermachertum, Chanson oder Hip-Hop, die Offenheit des Jazz kann mit allem umgehen. Wenn man ihn nur lässt. Im ausverkauften Telekom Forum war nun zu erleben, dass auch solche Mischungen durchaus reizvoll sein können – und jede Menge Spaß machen.
Dabei sorgte Jasmin Tabatabai zunächst für eine eher nachdenkliche, mitunter gar melancholische Stimmung. Balladen von Georg Kreissler, Hildegard Knef und den Puhdys in charmanten Pop-Jazz-Arrangements schwebten durch den Raum, dazwischen auch mal Reinhard Meys überaus treffende Betrachtung des alltäglichen Familienchaos („Aller guten Dinge sind drei“), mit dem sich auch die Schauspielerin und Sängerin herumschlagen darf. Das bemerkenswerte Timbre der 49-Jährigen, gefühlvoll, weich und zugleich kokett und keck, verlieh diesen Liedern eine ganz besondere Qualität, die durch das souveräne Spiel des David Klein Quartetts im Hintergrund noch verstärkt wurde. Vor allem der Bandleiter setzte mit seinem Saxofon immer wieder Akzente, ebenso wie Pianist Olaf Polziehn. Und Tabatabai? Holte noch ein paar Überraschungen hervor. Mit „Another Sad Song“ erinnerte sie an ihren sowohl musikalischen als auch schauspielerischen Erfolg „Bandits“, der inzwischen auch schon 20 Jahre zurückliegt, nur um kurz darauf Kurt Tucholskys ironische Verklärung des mongolischen Eroberers Tamerlan in Töne zu fassen. Dn Höhepunkt setzt sie aber zum Schluss, als sie mit dem wunderschönen „Gole Sangam“ ihrer persischen Heimat gedenkt und mit dem Lied über eine Blume aus Stein zu verzaubern versteht.
Im Anschluss drehte die Jazzkantine auf – und auch wenig ab. Die Hip-Hop-Jazz-Formation setzte auf bewährte Konzepte, auf funkige Bläser, einen druckvollen Drive sowie Rap-Verse, bis der Arzt kam – der dann erst so richtig loslegte. Zugegeben, nicht alle Reime erfüllten die Erwartungen; vor allem bei „I Know You Got Soul“ fehlte der Witz, bei „Baba's Delight“ dagegen vor allem die Leichtigkeit der Sugarhill Gang, jenen Legenden der 80er, vor denen sich die Kantinenköche mit ihren dicken Goldketten tief verbeugten. Doch auch wenn die beiden Frontmänner Cappuccino und Tachion nicht immer voll auf der Höhe waren, vermochten doch zumindest die Instrumentalisten auf ganzer Linie zu begeistern. Phänomenal etwa die atemberaubende Interpretation von Dave Brubecks „Take Five“, bei dem vor allem Saxofonist Heiner Schmitz brillierte. Oder der herrlich augenzwinkernde Slow Blues „Lieber langsam“ mit einem tiefenentspannten Cappuccino und einem virtuosen Tom Bennecke an der Gitarre. Ein Genuss.
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