Jetzt ist die Stimme voll da. Ein wenig hauchig und rauchig, in den Höhen und Tiefen gleichermaßen sicher, die Töne prächtig auskleidend und umspielend. Immer wieder werden die Einsätze verschleppt, kommen sie ein paar Sekundenbruchteile später als gewohnt, doch gerade „In A Sentimental Mood“ kann das vertragen, braucht diesen Bruch mit dem Erwartbaren und das Gefühl der verklärten Lethargie fast schon. Was Fay Claassen in diesem Moment in der Harmonie zaubert, ist schon eine Klasse für sich. Nur wegen ihr hat der Konzertsaal in Endenich seine Sommerpause unterbrochen und seine Pforten geöffnet, wegen ihr und wegen dem Bonner Schumannfest, das in seiner 20. Auflage die Jazzsängerin erstmals in der Bundesstadt präsentieren wollte. Eine gute Entscheidung, wie sich in diesem Stück zeigt, zumal auch die Musiker im Hintergrund einen exzellenten Job machen. Geht doch. Warum nicht gleich so?
Tatsächlich sah es zunächst so aus, als ob die Niederländerin den Erwartungen nicht gerecht werden würde. Deutlich hörbare Intonationsschwächen prägten den Beginn des Konzerts, und auch das Zusammenspiel der Band ließ zu wünschen übrig. Erst nach und nach nahmen Stimme und Band Form an, so als ob die ersten Stücke lediglich als öffentliches Aufwärmen dienten. Claassen wurde von Stück zu Stück sicherer, zeigte schon bei „Blackbird“ ein erstes Aufblitzen ihres vollen Potenzials, später dann bei Ennio Morricones „Cinema Paradiso“, auch wenn diese Komposition eigentlich eine viel klarere Stimme gebraucht hätte. Und spätestens mit Beginn der zweiten Hälfte war die 47-jährige Wahlkölnerin vollends aufgewacht. Was zu diesem Moment führt. Zu Duke Ellingtons bereits genanntem Klassiker. Jetzt kann Claassen zeigen, was sie alles mit ihrer Stimme zu tun vermag, ebenso wie bei Paul Simons „One Trick Pony“, einer weiteren Aufnahme aus ihrem aktuellen Album „Luck Child“. Ganz stark. Gleiches gilt für ihren herausragenden Pianisten Karel Boehle, den vielseitigen Gitarristen Peter Tiehues sowie ihren Ehemann Paul Heller, seines Zeichens Saxofonist bei der WDR Bigband. Lediglich Bassist The de Jong scheint sich bis zum Ende des Konzerts nicht so wirklich in das Bandgefüge einzufinden. Dennoch ist das Konzert am Ende da, wo es von Anfang hätte sein sollen. Auf einem ganz hohen Niveau, das dem Schumannfest angemessen ist. Wie schon gesagt: Warum nicht gleich so?
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