Ein bisschen Quatsch kann helfen. Zumindest manchmal. Wenn man an der Welt verzweifelt, die von irren Autokraten als Spielball missbraucht wird, während das Volk begeistert applaudiert, hilft mitunter nur gehobener Blödsinn, um diesem globalen Wahnsinn zu begegnen. Etwa indem man sich auf die Straße stellt und laut verkündet, „hier gibt es nichts zu sehen!“ Das soll helfen, behauptet zumindest Matthias Brodowy, der am vergangenen Montag in Vertretung des erkrankten Tobias Mann das 97. WDR Kabarettfest im Pantheon moderierte. Die aktuelle Ausgabe bestach vor allem zu Beginn durch einige exquisite, zum Teil provokant-überspitzte und zum Teil erfreulich ausgewogene Gedankengänge – und glitt doch im weiteren Verlauf vorübergehend in die Belanglosigkeit ab.
Als überragend erwies sich HG Butzko: Der „Hirnschrittmacher des deutschen Kabaretts“ argumentiert mit Verve gegen die reflexhafte Islamfeindlichkeit bei Terroranschlägen, wettert gegen
Helikoptereltern und schafft es dabei doch, sich nicht in irgendwelchen Plattitüden zu verfangen. „Ich will nichts relativieren oder verharmlosen“, sagt er mit Blick auf den radikalen Islamismus,
„aber die überwältigende Zahl der Muslime sind eben nicht das Problem.“ Wenn man nur mal die unterschiedlichen Glaubenssysteme verstehen lernen würde. Etwa in der Schule, im gemeinsamen Fach
„Religionen“. „Der Kerngedanke in allen Religionen ist doch 'seid lieb zueinander'. Wenn wir das begreifen könnten, würden die Hassprediger nur noch ausgelacht.“ In einem privaten Statement
äußerte sich Butzko zudem zu der Situation des Pantheons und verwies mit Blick auf Wertstoffhof und Kulturquartier auf den Umzug der Kleinkunstbühne „Herkuleskeule“ in Dresden. „Die
Verantwortlichen in Bonn sollten eigentlich zusammen mit dem Oberbürgermeister vor Scham in den Rhein springen, sich bis in die Nordsee treiben lassen, über Hamburg die Elbe hochschwimmen und
schließlich in Desden etwas über kulturpolitischen Anstand lernen“, kommentierte er unter dem Beifall des Publikums.
Während Butzko ebenso brillant wie ernsthaft blieb, nahmen sich die anderen Gäste in unterschiedlichem Maße Brodowys Ansatz zu Herzen. Tina Teubner (von Ben Süverkrüp am Klavier begleitet)
mischte die Armuts- und Reichtums-Debatte mit einem Marmeladen-Diskurs und mal bewusst quietschendem, mal virtuosem Geigenspiel zu einem geschmackvollen Kabarett-Gelee, Matthias Tretter
verblödete im imaginären Feinripp-Hemd an der Realität und der überhand nehmenden political correctness, und Friedemann Weise warf nur so mit Stand-Up-Pointen um sich, die er selbst als ziemlich
blöd bezeichnete. Warum er sie dann trotzdem verwendete und dem WDR Kabarettfest damit das Niveau entzog, blieb ein Rätsel. Immerhin war dies aber der einzige Schwachpunkt des Abends.
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