Gott trägt Mopp. Ein langer weißer Putzlumpen dient als Rauschebart, ein anderer als wallendes Haupthaar. Nicht gerade angemessen und schon gar nicht im Einklang mit den Zehn Geboten, aber besser kriegen es Ingolf Lück und Martin Bross in ihrer Version der Weihnachtsgeschichte einfach nicht hin. Gute Requisiten sind nun einmal nicht so einfach zu beschaffen. Also stolpern die beiden Schauspieler in Lajos Wenzels Inszenierung der Klamauk-Klamotte „Der Messias“, in der sie wiederum in bester Stück-im-Stück-Manier die Geburt Jesu auf die Bühne bringen wollen, eben mit Putzutensilien auf dem Kopf oder zwischen den Beinen über die Bühne. Geht halt nicht anders. Und fürs Contra-Kreis-Theater, so der Gedankengang, reicht das allemal. Genüsslich mimt das skurrile Duo Maria, Josef, Herodes sowie den zweigestaltigen Erzengel Gabriel, reitet zu Kokosnuss-Klängen auf Besen und einem Staubsauger-Esel gen Bethlehem und zitiert dabei ein ums andere Mal Monty Python. Was leider nicht so ganz funktioniert.
Zugegeben, „Der Messias“ braucht die Überzeichnung. Das Stück muss aus dem Ruder laufen, will ganz bewusst mindestens auf dem selben Level das Zwerchfell malträtieren wie „Life of Brian“. Im Haus
der Springmaus spielen Guido Fischer und Björn Jung die Komödie von Patrick Barlow schon seit Jahren überaus erfolgreich, sehr zur Freude des Kalauer liebenden Publikums – und auch im
Contra-Kreis-Theater kommt der Brachialhumor durchaus an. Bei der Premiere griff niemand geringeres als der Bonner Oberbürgermeister Ashok Sridharan zu den bereits erwähnten Kokosnüssen, während
andere Zuschauer mal als quietschende Tür, dann wieder als den Tribun beschimpfender Pöbel agierten. Nicht ganz logisch, da Lück und Bross doch auch sonst alles in ihrem pantomimischen
Körper-Esperanto auszudrücken vermögen, aber zumindest schafft dies eine Bindung ans Stück, die dieses dringend nötig hat. Denn trotz aller verrückten Ideen ist es nur bedingt komisch, wenn die
Pointen dem Publikum mit einer dramaturgischen Schneeschaufel in den Rachen geschoben werden müssen. Ja, das soll auch einen Kontrast zu dem aufbrechenden Konflikt zwischen den gespielten
Schauspielern Lück und Bross schaffen, aber das hätte man auch mit ein wenig mehr Feingespür hinbekommen. Außer natürlich, wenn einer der Hauptdarsteller (Bross) sowie der Regisseur und
zukünftige Intendant der Landesbühne Rheinland-Pfalz mit „Der Messias“ erstmals die Comedy-Schiene bedienen und lieber zu viel überzeichnen als zu wenig.
Nicht nur in schauspielerischer, auch in inszenatorischer Hinsicht will „Der Messias“ einfach zu viel. Der Ritt zweier Römer gen Bethlehem ist ebenso unnötig wie die langatmige Geburtsszene,
während die eigentliche Ankunft des Heilsbringers und seine Bedeutung zu kurz kommt. Und warum mit Nicole Johannhanwahr zwar eine durchaus talentierte, dramaturgisch allerdings überflüssige
Sängerin zu dem Schauspieler-Duo stößt, die ab und zu mit ihrer Musical-Stimme Choräle über Pop-Beats legt, meistens aber in einem Mini-Ofen Kekse backt, ist ohnehin unklar. Als Friedensfürstin,
die die beiden Streithähne in vor-messianischem Gehorsam zu beruhigen versucht, wird sie auf jeden Fall dank ihrer lapidaren kommentare nicht wahrgenommen – und als Rampensau wird sie gleich zu
Beginn von Ingolf Lück zurechtgewiesen, der unbedingt eine leider spannungsarme „Rapper's Delight“-Einlage in eine ihrer Darbietungen einfügen möchte und ihr damit die Show stiehlt. Sinnvoll
erscheint das nicht, zumal Johannhanwahr in der Diskussion um die permanente Selbstinszenierung Lücks, über die sich Bross immer mehr echauffiert, keine große Rolle spielt. Dennoch ist sie es,
die das Schlussbild beherrscht, als Weihnachtsengel in einem Einkaufswagen, umringt von ihren beiden Bühnenpartnern. Der erst kurz zuvor geborene Messias ist da schon wieder vergessen. Was
bleibt, ist Kitsch und Klamauk. Fast würde man sich wünschen, dass dies die versteckte Botschaft der Inszenierung wäre, ein kleiner Funken Substanz nach zwei Stunden Theater-Banalität.
Wahrscheinlich ist dies aber nicht. Was letztlich das Enttäuschendste an dem Stück ist.
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