Pu: Vom Kanaken zur Kartoffel

Die Gangsterkatzen waren der letzte Beweis. „Ich bin deutscher, als ich dachte“, gesteht Pu rückblickend und erinnert sich im Haus der Springmaus an jenen Tag in Teheran, als ein Rudel Straßentiger ihm dreist eines seiner drei Baguettes stahlen, die den Comedian über den Mangel an gutem Kornbrot hinwegtrösten sollten. Emotional essentielle Ware – und dann lässt Pu sich derart abziehen. Kein Iraner hätte das mit sich machen lassen. Und auch kein Kanake. Nur eine Kartoffel.

Ein schwerer Schlag, vor allem wenn man gerade in der Stadt seiner Eltern ist und glaubt, mit allem irgendwie zurechtkommen zu können. Aber auch eine überaus befreiende Erfahrung. Also erzählt Pu bei seiner ersten Solo-Tour fröhlich über die Entdeckung seiner eigenen Identität, über das Leben in Münster, Berlin, Stuttgart und Zürich, über deutsche Tugenden und das verhasste Schubladendenken. Leichte, mitunter unnötig ordinäre Kost, die das Publikum aber goutiert – und die auch den ein oder anderen tiefen Gedanken verbirgt.

 

Trotz der Offenbarung von Teheran scheint Pu noch immer auf der Suche nach sich selbst zu sein. Mal mimt er den kleinen Ganoven, der Fahrräder von Theologen klaut und Sergio-Armani-Hemden durch den Zoll schmuggeln will, dann wieder den ehrbaren, allzeit pünktlichen Gutmenschen im besten Sinne des Wortes. Einen, den es zutiefst schmerzt, dass alte Menschen Pfandflaschen sammeln müssen oder dass es vielen Leuten offenbar egal ist, wenn gelegentlich mal ein Flüchtlingsheim in Flammen steht. „Ich fürchte immer, dass es noch schlimmer werden muss, bevor es alle interessiert“, gesteht er. Deshalb hätten die 13 Prozent für die AfD auch etwas Positives. Es ist ein Weckruf. Und eine Möglichkeit: „Jetzt merkt auch ihr mal, wie es ist, wegen einer kleinen Gruppe Radikaler über einen Kamm geschert zu werden“, sagt er seinen deutschen Freunden. „Willkommen in der Welt der Moslems.“

Leider bleibt Pu nicht konsequent auf diesem Niveau, auch wenn man spürt, dass er das ohne weiteres könnte. Wenn er nur wollte. Und sein Publikum auch. Stattdessen bleiben die gesellschaftskritischen Töne Ausnahmen, überlagert von Gags über Handy-Apps zur Penisgrößenmessung, die Vor- und Nachteile mancher Städte und den Vorteil des Namens Ali. Ethno-Comedy aus dem Gemischtwarenladen, wie sie auch sein Kollege Sertac Mutlu in der ersten Viertelstunde vom Stapel lässt oder unzählige andere Künstler mit Migrationshintergrund, die nach der größtmöglichen Schnittmenge mit dem Publikum suchen und das Programm dabei so schlicht wie möglich halten. Botschaften? Braucht man nicht. Dabei könnte zumindest Pu mehr. Er müsste sich nur trauen.

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