Die Erwartungen an die 99. Ausgabe des WDR Kabarettfests im Bonner Pantheon sind hoch. Klar, bei den Gästen. Urgestein Matthias Deutschmann, der junge Wilde Moritz Neumeier, das scharfsinnige Karacho-Duo Onkel Fisch sowie Chef-Vorleser Frank Goosen sind in der Regel Garanten für brillantes Kabarett auf hohem Niveau, politisch, gesellschaftskritisch und wortgewandt. Beste Voraussetzungen also für einen spannenden Abend. Doch aus irgendeinem Grund wird alles ein bisschen anders. Nicht schlecht, keineswegs, aber auch nicht so, wie es hätte sein können. Es fehlt jener ominöse Funke, jener Impuls, mit dem der Künstler sein Publikum vollständig in seinen Bann zieht.
Vor allem Deutschmann wirkt ungewohnt müde. Zugegeben, er war schon immer eher einer von der gemütlichen Sorte, der sich das Aufregen spart und lieber lakonisch die Politik analysiert. Doch seine Abrechnung mit der CDU, die unter Merkel immer mehr in die Mitte gerückt ist und damit rechts von sich alles frei geräumt hat, wirkt ebenso unbefriedigend wie das Statement zur oppositionsunwilligen SPD oder die oberflächliche Neid-Debatte über Böhmermanns Schmähgedicht. Da geht doch mehr.
Um es zu betonen: Niemand kann den auftretenden Kabarettisten vorwerfen, dass sie nichts zu sagen hätten. Ganz im Gegenteil. Doch der Schwung fehlt. Und die Form. Es ist bemerkenswert, wie sich Moritz Neumeier mit der Sexismus-Debatte auseinandersetzt, nur um dann bei seiner eigenen Sexualkompetenz zu landen, die er mit der einer Zimmerpflanze vergleicht. Dazu noch ein paar Sprüche über ausgemerkelte SPDler, Totalüberwachung durch Fitness-Armbänder und beliebte Berufswünsche der kommenden Generationen (Youtube-Star ist derzeit der neue Trend), die alle ein wenig willkürlich wirken, zwar gut gemeint sind, aber nicht viel bewirken. Die Worte klingen gut, aber wo ist die Substanz? Ähnlich ergeht es Onkel Fisch, die wie gewohnt fröhlich grimassierend über die Bühne stapfen, die Hymne der deutschen Cyber-Abwehr schmettern, Kalauer zu den Ausschreitungen beim G20-Gipfel in Hamburg ausspielen und den Konflikt zwischen dem spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rjoy und dem katalonischen Politiker Carles Puigdemont als albernen Stierkampf inszenieren, der letztlich ohne Pointe endet. Alles schöne Ideen, die aber mehr Raum benötigen, um angemessen ausgespielt zu werden. Immerhin setzt Frank Goosen mit seinen herrlich skurrilen Alltags-Geschichten einen exzellenten Schlusspunkt. Grundsätzlich lohnt sich aber nochmal ein Besuch in den jeweiligen Solo-Programmen. Da dürfte der Funke eher überspringen.
Kommentar schreiben