Weniger Fett, weniger Alkohol, weniger Müll – das wollen die meisten gerne erreichen. Ein bisschen Verzicht hat schließlich noch niemandem geschadet. Und Martin Zingsheim könnte die Liste noch beliebig verlängern. Promi-Klatsch und Rechtspopulisten, Kondome mit Erdbeergeschmack und Karnevalsrufe von „Hulla Hulla“ bis „Wutz Wutz“ braucht der Kölner Kabarettist eigentlich nicht und wird dennoch ständig damit konfrontiert. Das schreit geradezu nach einer intellektuellen Askese. Doch will man das wirklich? Ist „Alles mit ohne“ wirklich die Lösung? Oder braucht es nicht vielmehr eine Balance, um wieder mit der Welt klarzukommen? Im Pantheon versucht Zingsheim nun, selbige zu finden – und verheddert sich dabei mitunter im Netz seiner eigenen Ideen.
Fallbeispiele hat der 33-Jährige in rauen Mengen, Pointen noch viel mehr. Was Zingsheim nicht braucht oder nicht will, könnte ein ganzes Buch füllen. Was allerdings fehlt, ist eine klare
Struktur. Und die ein oder andere Festlegung. So ruft er nach ein bisschen mehr kultureller Bildung und Gelassenheit – aber bitte nicht so viel, dass hinterher überall tiefenentspannte Hippster
mit Kultourette-Syndrom durch die Städte wuseln. Auch auf die AfD könnte man gut verzichten, propagiert er und setzt deren Mitglieder pauschal mit Nazis gleich, nur um kurz darauf zu mahnen, dass
man bei der Aufregung um diese Partei vielleicht mal wieder etwas entspannter werden solle. Passt nicht wirklich zusammen. Selbst das vielgepriesene Allheilmittel in Form von Kindern greift hier
nicht. „Die führen automatisch zu einer Reduktion auf das Wesentliche“, propagiert Zingsheim. Für alles andere ist dann ohnehin kein Geld mehr da. Wohl aber noch Ängste, Hoffnungen und
Sehnsüchte.
Zu der argumentatorischen Schwäche stößt zu allem Überfluss auch noch eine rhetorische: Gerade in der ersten Programmhälfte spielt Zingsheim erstaunlich zäh, kommt nicht so recht in Fahrt und
verstärkt so nur den Eindruck des Flickwerkteppichs aus der Pointen-Weberei. Einzelne Beiträge stechen heraus, vor allem jene Turbo-Reihungen von Autokennzeichen oder militärischen Ausdrücken in
der deutschen Sprache, mit denen sich Zingsheim schon in diversen Kollektiv-Veranstaltungen von anderen Künstlern abhob – doch das alleine trägt kein Solo. Gut, er sei halt eher Beta-Blocker als
Alpha-Männchen, gesteht der Sprach-Akrobat, der sich auch mal im Rahmen einer paradoxen Intervention auf die Bühne legt, um wieder in die Spur zu kommen. Aber ein paar größere Bögen würden ihm
gerade dann helfen, mehr Stringenz zu schaffen. Die Ansätze sind immerhin schon herrlich schräg, weswegen ihm das Publikum am Ende auch herzhaften Applaus spendet. Jetzt muss nur noch die Balance
stimmen.
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