Manche Städte sind nur einen Klang entfernt. Frankfurt zum Beispiel, oder das ägyptische Alexandria, oder die chilenische Hafenstadt Valparaiso. Es sind Orte, deren besondere Atmosphäre tiefe Spuren in den Köpfen und Herzen des Quartetts Inspire um die Harfenistin Evelyn Huber hinterlassen hat – Eindrücke, die die Musiker mit ihrem Publikum in der Brotfabrik teilen möchten. Und so lassen sie ihre Instrumente erzählen und holen kurzerhand die besagten Städte nach Bonn, evozieren den Sonnenuntergang am Main, farbenfrohe Häuser vor einem pazifischen Hügel-Panorama und die Erinnerung an gleich zwei antike Weltwunder. Eine Erfahrung, die ihresgleichen sucht.
Schon im vergangenen Jahr war Huber im Rahmen des „Over the Border“-Festivals in der Bundesstadt, damals zusammen mit Quadro Nuevo und dem ägyptischen Ensemble Cairo Steps. In gewisser Weise ist
ihr Auftritt in der Brotfabrik zugleich die konsequente Erweiterung als auch die sinnvolle Reduzierung dieses Aufeinandertreffens: Der musikalische Blick schweift diesmal ein wenig weiter und
bezieht auch Lateinamerika mit ein, während die Besetzung weitaus kompakter ist, wenn auch nicht weniger exquisit. Neben Huber, die ohnehin eine Virtuosin ersten Ranges ist, zaubert Christoph
Herrmann am Cello mit stillem Charme feine Ornamentbögen, während Perkussionist Ramesh Shotham immer wieder geschickt Akzente setzt. Komplettiert wird das Quartett durch Matthias Frey, seines
Zeichens Mitbegründer der Cairo Steps und sowohl als Pianist als auch als Komponist ein Genuss. Und dann wäre da noch Rahim Williams, ein junger Nai- und Duduk-Spieler, der als Gastmusiker zu dem
Ensemble stößt und bei zwei Stücken eine bezaubernd-klagende Melodie beisteuert. Fantastisch, wie gut er sich in das Quartett einfügt, das ohnehin perfekt aufeinander eingespielt ist, sich auch
in improvisierten Soli gegenseitig inspiriert und dem Publikum ein ums andere Mal Futter fürs Kopfkino liefert.
Dabei verzichtet das Quartett bewusst auf einen wilden Ritt durch alle Stile. Inspire steht an diesem Abend auch für Ruhe und Entspannung, für Musik, die trotz ihrer Komplexität und der ein oder
anderen Jazz-Umspielung stets leicht wirkt. Die Zuhörer können und sollen sich einfach zurücklehnen und genießen – nur einmal werden sie von Shotham gefordert, doch selbst der gewünschte 7/4-Takt
erscheint auf einmal kein Problem zu sein. Der Zauber des Quartetts wirkt also. Das Publikum dankt ihm daher auch mit euphorischem Applaus.
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