Walk off the Earth: Im Video einfach näher dran

Ninjas auf der Bühne, klingende Kunststoffröhren als Musikinstrumente, ein „Hu-Ha“-Chor und eine Gitarre, die von fünf Künstlern gleichzeitig gespielt wird: Einen Mangel an Kreativität kann man Walk off the Earth wirklich nicht vorwerfen. Die Band aus Kanada, die mit ungewöhnlichen Cover-Songs bei Youtube eine gigantische Fan-Basis gewonnen hat und längst auch mit eigenen Titeln für Furore sorgt, lässt sich auch auf ihrer aktuellen Tour immer wieder was einfallen, um sich von der Masse der Pop-Bands abzuheben. Doch was in der digitalen Welt hervorragend funktioniert, kann in der realen nicht so ganz überzeugen. Im Kölner Palladium bleiben WOTE trotz aller Bemühungen und eines ausgelassenen Publikums ein wenig hinter den Erwartungen zurück. Denn manche ihrer Songs erfordern einfach eine Nähe, die an diesem Abend nicht herzustellen war.

Der enorme Erfolg von WOTE ist in ihren Videos begründet, die mit viel Liebe zum Detail, schönen Ideen und mitunter einer starken Bildsprache produziert werden. Hauptsache ungewöhnlich, so lautet die Devise. Seit ihrem unglaublichen Erfolg mit ihrer Version von Gotyes „Somebody that I used to know“, die inzwischen mehr als 180 Millionen Zugriffe verzeichnen kann, sucht die Band immer wieder neue Ansätze, um ihr Publikum mit spannenden Geschichten (wie etwa bei „Gang of Rhythm“) oder überraschenden Arrangements anzusprechen. Doch vor allem letztere gewinnen in der Regel viel durch den intimen Rahmen des Kamerabildes, das den Blick auf Kleinigkeiten lenkt – und der geht im Panorama großer Bühnen schnell unter. Die verschmitzte Eleganz von WOTE, dieses charmante Augenzwinkern und die herrliche Unbeschwertheit, die die Videos ausmachen, kommt zumindest im Palladium ein wenig zu kurz.

 

Dennoch sorgt die Formation um Multiinstrumentalist Gianni Nicassio und Sängerin Sarah Blackwood für gute Laune, bezieht das Publikum immer wieder mit ein und setzt mit einigen Songs ein deutliches Zeichen, dass WOTE neben stimmungsvoll-kreativem Pop auch durchaus eine härtere Gangart beherrscht. Herausragend etwa „NOMAD“ mit wuchtigem, die Halle füllenden Alternative-Rock-Instrumentalpart – und Queens „Bohemian Rhapsody“, bei der weniger die Band als vielmehr das Publikum den größten Teil der Gesangspassagen übernehmen, unterstützt vom umjubelten „Beard Guy“ Mike Taylor. Die Begeisterung der euphorisierten Menge schlägt allerdings in Enttäuschung um, als WOTE schon nach 75 Minuten das erste Mal von der Bühne gehen. Gut, einige Zugaben heben die Stimmung wieder, doch die Distanz zwischen Publikum und Band ist so nur noch weiter gewachsen. Bei aller Liebe für die Kreativität und die außergewöhnlichen Arrangements: Hier wäre mehr möglich und nötig gewesen.

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