Rainer Maria Rilke zählt ohne Zweifel zu den beeindruckendsten Lyrikern der deutschen Literatur. Seine fantastische Bildsprache und eine verdichtete, ebenso elegante wie komplexe Poesie pulsieren mit einer Vitalität, die ihresgleichen sucht – zumindest, wenn sie entsprechend gelesen oder vorgetragen wird. Doch genau daran scheitert Maren Pfeiffer bei ihrer zum Monolog reduzierten Inszenierung von „Die weiße Fürstin“ kläglich. In der Pathologie versucht sie, dem dramatischen Gedicht und seiner Protagonistin, die sich nach dem abwesenden Gatten verzehrt und zugleich von ihrer Schwester in fast schon inzestuöser Art und Weise umschwärmt wird, Leben einzuhauchen und vermag es doch nicht, die Verse mit einer gelungenen Linienführung aufblühen zu lassen.
Es ist schon ein Wagnis, einen eigentlich mit vier Figuren ausgestatteten Text mit einer einzigen Schauspielerin zu besetzen, vor allem wenn die Dynamik zwischen ihnen den eigentlichen Motor des sich entwickelnden Dramas bilden. Wenn dann auch noch besagte Darstellerin die Tendenz besitzt, Satzteile oder auch einzelne Worte wie mit einem Fallbeil abzutrennen, anstatt die Sätze bis zu ihrem Ende durchzusprechen, ist es kein Wunder, dass die Spannung über die gesamten 50 Minuten am Boden darbt. Die abgehackte Phrasierung Pfeiffers lässt eben nicht jenen hypnotischen Fluss an- und abschwellen, den Rilke mit seinen brillant gedrechselten Versen erzeugt, sondern staut ihn vielmehr immer wieder unnötig an, blockiert ihn, bedrängt ihn, grenzt ihn ein. Ein Trauerspiel, das durch Konstantin Gockels Geige nur noch verstärkt wird. Der gebürtige Bonner, der vor allem in der Neuen Musik zu Hause ist, hat für „Die weiße Fürstin“ eine Partitur geschrieben, die ebenso bar jeder Eleganz ist wie der Sprechakt, nicht mehr als eine Aneinanderreihung von Dissonanzen, ohne größere Spannungsbögen und ohne Energie im Spiel selbst. Dabei hätte gerade die zerbrochene Harmonie, die durch die kurze Reise des Fürsten ausgelöst wird und die sich in der Musik wiederfindet, ein weitaus stringenteres Spiel erfordert. Und zwar in allen Bereichen.
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