Einen ganzen Abend Theater pur: Das kann man sich schon gefallen lassen. Streichungen im Kulturhaushalt, die das populäre Euro Theater Central in seiner Existenz bedrohen, dagegen nicht. Die zwölfte Bonner Theaternacht hat am vergangenen Mittwoch den Spagat unternommen, ersteres zu bieten und letzteres anzuprangern. Schon bei der Eröffnung im Innenhof der Universität Bonn, die anlässlich ihres 200. Geburtstags mit von der Partie sein wollte (und doch nur einen für Theater letztlich völlig ungeeigneten Hörsaal für studentische Gruppen zur Verfügung stellte), lud Generalmusikdirektor Dirk Kaftan in seiner Funktion als Schirmherr das Publikum dazu ein, auf Entdeckungsreise zu gehen und das breite kulturelle Angebot der Stadt zu erleben, während die Vorsitzende der Theatergemeinde Bonn, Elisabeth Einecke-Klövekorn, auf besagte Einsparversuche zu sprechen kam. „Angesichts der Beträge, um die es geht, handelt es sich dabei lediglich um Symbolpolitik“, sagte sie. „Lassen Sie sich das nicht gefallen.“
Derartige Solidaritätsbekundungen kann das Euro Theater, das immerhin im vergangenen Jahr den renommierten Monika-Bleibtreu-Preis gewonnen hat und in diesem Jahr erneut nominiert ist, derzeit gut
gebrauchen. Und tatsächlich zeigten die vielen Besucher des Hauses im Mauspfad ihre Unterstützung, während sie unter anderem mehrsprachige Lesungen und Speed-Dance-Improvisationen genossen. Der
Andrang war immens – doch das galt auch für die meisten anderen Spielstätten. Die Brotfabrik, die insgesamt acht Laien-Ensembles ihre Bühne zur Verfügung stellte, platzte aus allen Nähten und
musste immer wieder enttäuschte Besucher abweisen, da der Saal restlos überfüllt war. So etwa bei der „Dreigroschenoper“, die das Theater Uhu getreu der Brechtschen Idee inszenierte, dass
Schauspieler nicht zwingend begnadete Sänger sein müssen. Auch wenn es manchmal helfen würde. Auch die Aufführung von Theater Rampös, das einige verwirrende, vor Zynismus und Bitterkeit triefende
Fragmente aus Falk Richters „Die Verstörung“ zeigte, war bis auf den letzten Platz gefüllt. Gleiches galt für jene Orte, die normalerweise nicht zu den klassischen Theaterbühnen gehören, etwa der
Startup-Arbeitsraum „The 9th“, in dem das Theater Bitze eine wortarme, dafür mitunter überaus bewegungsintensive Performance über das Verhältnis der Menschen zum Müll zeigte, oder der Waschsalon
in der Kaiserstraße, in dem die Wasch-Gäng mit Ephraim Kishons heiterem Trauerspiel „Es war die Lerche“ so viele Besucher anlockte, dass diese sich beinahe selbst falten und stapeln
mussten.
Sowohl inhaltlich als auch stilistisch hatte die Theaternacht, die inzwischen zum zweiten Mal erfolgreich von der Theatergemeinde Bonn organisiert wurde, wie in jedem Jahr eine immense Bandbreite
zu bieten. 38 Spielstätten im gesamten Stadtgebiet, vom Pantheon in Beuel bis zum Theater im Keller in Duisdorf und von den Kammerspielen Bad Godesberg bis zum Anno Tubac in der Kölnstraße,
präsentierten Schauspiel, Tanz und Kleinkunst, luden in „Mister Pilks Irrenhaus“ (Theater Fulminant), griffen schon einmal auf Beethoven 2020 vor (Faust Drei – das Unternehmenstheater) und
offenbarten unter dem Titel „Unerhörtes vom stillen Ort“ ebenso absurd-komische wie bewegende Geschichten über Obdachlose und andere Toilettenbesucher (Theater Bonn). Später stieg dann im
Pantheon die in Zukunft regelmäßig stattfindende Live-Beetz-Party, bei der Pop auf Klassik und Electronice stießen, während in der Oper die traditionelle Theaternachtparty die Menschen auf die
Tanzfläche lockte. Das, und nur das, konnte man sich wirklich guten Gewissens gefallen lassen.
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