Jazzfest: Der Zauber klarer Formen

Die letzten Tage des Jazzfests 2018 stehen ganz im Zeichen des Klaviers. Ein Tastenvirtuose nach dem anderen macht seine Aufwartung, meist in einer Trio-Besetzung – und der vergangene Donnerstag hat bereits eindrucksvoll gezeigt, auf welch unterschiedlichen Wegen die Künstler derzeit wandeln. Während Eyolf Dale mit seinem Quintett im LVR Landesmuseum eine Collage aus musikalischen Bildern gestaltet und dabei der Form nur eine untergeordnete Bedeutung zumisst, bleibt Makoto Ozone trotz eines umwerfend facettenreichen Stils doch immer dem Groove treu und erschafft so klar gefasste Kleinode. Beide Ansätze haben ihren Reiz – doch birgt der des Norwegers mit seiner poetischen Klangsprache die Gefahr, sich im Dickicht der Fragmente zu verirren, da eben jene Struktur fehlt, die Ozone dem Hörer bietet und die er zugleich mit spielerischer Leichtigkeit und einem deutlichen Augenzwinkern zu füllen versteht.

Ohnehin scheint die Ironie ein wichtiges Element für den japanischen Star-Pianisten zu sein. Wenn er etwa im „Lullaby For A Rabbit“ besagten Hasen immer wieder durch die Gegend beziehungsweise über die Tasten springen lässt, ist dies ebenso unterhaltsam wie die permanenten Zitate, die Ozone quasi im Vorbeigehen einbaut. Vor allem der Klassik ist er sehr zugetan, Mozart etwa oder auch Beethoven, obwohl letzterer ihn nachdrücklich davon abgehalten habe, seine Werke dem Jazz zu öffnen. „Ich habe versucht, die Noten zu ändern“, erzählt Ozone, „und Beethoven sagte 'viel Glück dabei, bessere Noten zu finden'.“ Als Ausgangspunkt für Improvisationen eignen sich die Werke des großen Sohns der Stadt aber zweifelsfrei hervorragend, selbst wenn dann mal Latin-Rhythmen hinzustoßen oder andere unerwartete Einfälle das Stück in eine ganz andere Richtung drängen. Bassist James Genus und Drummer Clarence Penn folgen den Vorgaben Ozones auf jeden Fall mühelos und bringen immer wieder auch ihre eigenen Ideen mit ein, um die jeweiligen Juwelen zu schleifen.

Auch Eyolf Dale sprüht nur so vor Kreativität. Seine Einfälle schwirren wie Glühwürmchen um ihn herum, flirrende Lichter auf einer nordischen Waldlichtung, immer in Bewegung, flüchtig und nur schwer zu verfolgen. Mit seinem Quintett, das durch Geige und Saxofon einen doch eher ungewöhnlichen Sound erhält, knüpft er Assoziationsketten, springt fröhlich zwischen Tempi und Rhythmen und pflegt seine oft märchenhaften Miniaturen, die doch nur Fragmente in Stücken über Weine, Banjos oder zerstörte Gebäude bleiben. Mitunter fehlt dadurch zwar die Klarheit eines großen Zaubers, doch in den intensivsten Momenten spürt man dennoch, welche Macht dieser Spielweise innewohnt. Ein faszinierendes Doppelkonzert.


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