Das Absurde liegt im Alltäglichen. Oder im Rausch. Wenn drei gute Freunde bei McDonalds über die Vor- und Nachteile von Ketchup-Seen und Majo-Inseln diskutieren oder die gepflegte Prokrastination durch Nacktschneckenbetrachtungen aufgelockert wird, wenn also der Witz hinter der Normalität entlarvt wird, dann ist Frank Goosen zur Stelle. Der 51-Jährige, dessen Romane längst Kultstatus besitzen, liebt diese Wendungen, diese Überzeichnungen der Wirklichkeit, die so abwegig gar nicht sind und doch dermaßen komisch sind, dass seine Leser und Zuhörer sich nicht mehr zusammenreißen können. Derzeit ist Goosen mit seinem neuen Programm „Was ist da los?“ unterwegs – und begeistert so unter anderem auch das Pantheon.
„Um lustig zu sein, muss man verwirrt bleiben“, zitiert Goosen den amerikanischen Essayisten und Humoristen David Sedaris. „Damit kann ich dienen.“ Denn vieles ist ihm wirklich nicht klar. Etwa, dass es immer noch Menschen gibt, die nur dann von Arbeit sprechen, wenn es staubt, obwohl Goosen selbst mit seiner eigenen asymptotischen Annäherung an diese Vorstellung von Beschäftigung doch das beste Beispiel dafür ist, dass man auch anders durchs Leben kommt. Unverständlich ist ihm auch, dass alles so schnelllebig ist und man dennoch alles vor sich herschiebt; dass gewisse Bäckerei-Besucher nicht nur gegenüber Kopftuchträgerinnen aus Herne, sondern auch gegenüber Landbroten mitunter einen erschreckenden latenten Alltags-Rassismus an den Tag legen; und dass es im Souvenirshop am Frankfurter Flughafen keine Fördertürme aus dem geliebten Ruhrgebiet zu kaufen gibt. Aus diesen Betrachtungen entstehen dank Goosens lakonischen Stils wunderbare Anekdoten und Romanpassagen, wobei vor allem letzteren auch immer eine gewisse Melancholie innewohnt. Der Rückblick auf das Leben und die verpassten Chancen ist seinen Protagonisten immanent; sie schwelgen in Erinnerungen an die Schulzeit mit den ersten aufkeimenden Romanzen zu realen und fiktiven Gestalten, an autobiographisch gefärbte Grillfest-Erlebnisse im Pott und an die nächtliche Jagd nach den verlorenen Fingern. Manchmal übertreibt Goosen es dabei mit dem Vortrag, nimmt ein bisschen zu viel Fahrt auf und verheddert sich dann in den Dialogen seiner fein gezeichneten Figuren. Aber in der Regel macht es einfach nur Spaß, ihm zuzuhören. Das Pantheon feiert den Pott-Poeten denn auch mit kräftigem Applaus.
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