„I did it my way“: Ausgerechnet jene wohl berühmtesten Zeilen, die jemals die Goldkehle von Frank Sinatra verlassen haben, erklingen an diesem Donnerstagabend nicht im Haus der Springmaus. Aber eigentlich haben Daniel Čačija und Johannes von Ballestrem ein derartiges Statement auch gar nicht nötig. Der kroatische Sänger und sein Kollege am Flügel interpretieren im Rahmen des 21. Bonner Schumannfests einige der populärsten Songs Sinatras ohnehin auf ihre ganz eigene Weise. Und machen das großartig. Eigenwillig, verspielt und keck, mit viel Gefühl und aufregenden Ideen, die zwar zumindest am Anfang des Konzerts nicht immer zünden und die Stücke mitunter etwas überladen wirken lassen, mit zunehmender Lockerheit der Musiker aber immer selbstverständlicher und natürlicher daherkommen.
Schumann und Sinatra, diese Kombination ist nicht auf den ersten Blick ersichtlich. Doch immerhin hat ersterer oft von Amerika geträumt, plante gar eine zweijährige Tour durch die USA, die
letztlich zwar nie zustande kam, sich aber als Ausgangspunkt für das Programm des diesjährigen Schumannfests durchaus eignete – und letzterer gilt bis heute als eine der Personifizierungen
des amerikanischen Traums, der die Musik prägte wie kaum ein anderer. „Erst mit dem Jazz erblühte eine echte amerikanische Musik“, hatte einst Leonard Bernstein gesagt, den die
Festival-Organisatoren in diesem Jahr zur zentralen Figur erkoren haben. Und ohne Sinatra, der den Swing in den Mainstream integriert hat, wäre dieser Weg wahrscheinlich ganz anders verlaufen. So
ist die Hommage von Čačija und Von Ballestrem nur konsequent. Erfreulicherweise versucht das Duo dabei nicht, sich anzubiedern oder gar zu versuchen, Sinatra zu imitieren, auch wenn der Gesang
des neuen Frontmanns der ehemaligen Band von Roger Cicero durchaus über den dafür nötigen Schmelz und die entsprechende Wandlungsfähigkeit verfügt. Stattdessen gestalten Čačija und Tastenvirtuose
Von Ballestrem die Songs nach ihrer eigenen Fasson. Dabei schießen sie manchmal über das Ziel hinaus, etwa bei „Witchcraft“, das durch allerlei Spielereien fast schon an ein modernes Kunstlied
erinnert. Zugegeben, die Technik dafür ist vorhanden, wie Čačija unter anderem bei „I've Got A Crush On You“ beweist. Die Frage ist nur, ob das den Songs gut tut. Manchmal reicht es auch, wenn
man einfach viel Gefühl mitbringt und die Musik wirken lässt. Und was Čačija und Van Ballestrem bei Balladen wie „Embraceable You“ abliefern, kommt diesem magischen Ideal sehr nahe.
Auch andere Titel strahlen eine ganz besondere Qualität aus. Herrlich etwa „Strangers In The Night“, dass Čačija in Gedenken an den Schlagersänger Ivo Robic auch auf kroatisch darbot –
gleichzeitig verbreitete er die moderne Legende, dass Robic statt Bernd Kaempfert der eigentliche Komponist des Stückes sei, eine Theorie, die bis heute unbewiesen ist. Auch „I'll Be Seeing You“
und „New York, New York“, das dem Sinatra-Abend seinen Titel lieh, sind fantastisch, frei und zugleich ungeheuer spannend arrangiert. Das Publikum dankte es den beiden Künstlern denn auch mit
stehenden Ovationen.
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