Roger Hodgson und John Illsley: Virtuose Zeitreise

Manche Musik ist einfach unsterblich. Oder zumindest so stark, dass sie einzelne Musiker noch über Jahre hinweg am Leben erhalten kann, auch wenn die ursprünglich erfolgreiche Band schon lange nicht mehr existiert. Auf dem Bonner KunstRasen waren jetzt zwei Künstler zu Gast, die genau davon zehrten: der ehemalige Dire-Straits-Bassist John Illsley sowie der Ex-Supertramp-Frontmann Roger Hodgson, zwei Meister ihres Fachs und doch so unterschiedlich in ihrer Ausstrahlung. Denn während Hodgson das Publikum mit auf eine spannende Zeitreise nahm und den Progressive-Pop-Hymnen auf charmante Art neues Leben einhauchte, blieb Illsley vor allem zu Beginn leider etwas hinter seinen Möglichkeiten zurück und machte erst in der zweiten Konzerthälfte richtig Druck.

Ohnehin sorgte Illsley schon dadurch für Irritationen, dass er kurzerhand eine Viertelstunde früher zu spielen anfing als nur wenige Stunden zuvor in den sozialen Medien verbreitet. Insofern kam ein Teil des Publikums erst auf das Gelände, als Hits wie „Walk of Life“ oder „Romeo and Juliet“ schon erklungen waren. Ein allzu großer Verlust war dies allerdings rückblickend betrachtet nicht, blieb Illsleys Band doch zunächst überaus distanziert, stand wie eine Reihe von Tontauben an den aufgereihten Mikrofonständern und konnte erst gegen Ende von „Sultans of Swing“ die rund 3200 Besucher aus der Reserve locken. Immerhin ging es von diesem Moment an aufwärts, wich nach und nach die Routiniertheit echter Leidenschaft, bis schließlich bei „Money for Nothing“ und „Brothers in Arms“ zwei echte Höhepunkte erklangen, in denen das Fehlen Mark Knopflers an der Gitarre auch nicht mehr so deutlich spürbar war wie noch zu Beginn des Sets. Illsley war endlich aufgeblüht, setzte eigene Akzente und sorgte so für einen überaus versöhnlichen Abschluss seines Auftritts. Geht doch.

Dennoch war offensichtlich, dass die Mehrzahl der Besucher wegen Roger Hodgson gekommen waren. Und dieser enttäuschte seine Fans nicht: Im weißen Anzug kam der Gentleman mit der klaren, noch immer hohen und sicheren Stimme gut gelaunt auf die Bühne und setzte mit „School“ und „Breakfast in America“ gleich zwei Duftmarken, die eindrucksvoll unter Beweis stellten, dass der Supertramp-Sound auch heute noch überaus frisch wirken kann. Immer zwischen Keyboards und Gitarre wechselnd schöpfte er das immense Klangpotenzial der einstigen Superband voll aus, das nicht ohne Grund auch bei Orchester-Großveranstaltungen wie etwa der Nokia Night of the Proms überaus beliebt ist. Kein Wunder, fordern Songs wie „Breakfast in America“ oder „The Logical Song“ doch geradezu zum Experimentieren auf und können immer wieder neu gedacht werden. Hodgson selbst blieb auf dem KunstRasen allerdings weitgehend den Originalen treu und ließ die Songs lieber von einer reizvollen Lichtshow untermalen. Seine Lust am Spiel war dennoch offenkundig – was sich auch auf das Publikum übertrug, das den 68-Jährigen für seinen fast zweistündigen Auftritt immer wieder mit Jubelstürmen bedachte; ihn, den „Dreamer“, der er bis heute ist und den man gerade dafür liebt. Er hat es verdient.


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