Ab und zu muss jeder mal ausmisten, muss den alten Dreck loswerden, der sich über Jahre hinweg angesammelt hat und der zum Teil noch aus Großvaters Zeiten stammt. Da gilt es dann, alles neu zu bewerten, noch einmal ein paar Talare vom Muff zu befreien und die bräunlich schimmelnden Fundstücke aus der letzten Ecke im Sondermüll zu entsorgen. Das haben sich nun auch Fritz Litzmann und Hermann Schwaderlappen alias Rainer Pause und Norbert Alich vorgenommen. Die beiden Chefchaoten des Pantheon nutzen ein dreifaches Jubiläum zum Herbstputz und nehmen 100 Jahre Russische Revolution (en passant), 100 Jahre Ende des Ersten Weltkriegs (weitaus ausführlicher) sowie 50 Jahre 68er-Bewegung (recht intensiv) zum Anlass, um einmal den Frieden zu feiern. Und die Bedrohung des selbigen durch allerlei böse Mächte zu kritisieren.
Natürlich geht ein derartiges Unterfangen wie ein intellektueller und gesellschaftspolitischer Kehraus bei Dritz und Hermann nicht einfach so über die Bühne. Bei ihrer Premiere im Pantheon wird
wieder über alles diskutiert, was irgendwie ins Konzept packt – und was nicht passt, wird halt passend gemacht. So werden die Autofahrer mit dem Handy am Ohr zu modernen Soldaten im heimlichen
Krieg der Straße, in dem die Autokonzerne auch mal Gas als Waffe einsetzen, und auch Waldbrände sind nur der Ausdruck eines Konflikts mit der Natur, bei dem mitunter eben schwere Geschütze
aufgefahren werden. Und was erst die Kirchen angeht, die mit den Lärmemissionen ihrer Glocken eine Dauerattacke auf Herden- und Fluchttiere gleichermaßen verüben – nun ja, das ambivalente
Verhältnis von Fritz und Hermann zur Religion ist schon seit langem ein Dauerthema.
Letztlich sind die beiden anarchischen Plauderköpfe felsenfest davon überzeugt, dass die Demokratie die einzige Chance auf dauerhaften Frieden ist. Das oder ein guter König, wenn das Volk des
politischen Prozesses überdrüssig ist. Jemand wie Fritz Litzmann, der bereit ist, die Verantwortung zu tragen und sowohl die Queen als auch Donald Trump zu Einzelaudienzen auf dem heimischen Klo
empfangen würde. Ein interessantes Konzept, das die beiden leider nicht bis zu Ende führen: Es fehlt ein starkes Finale, ein offizielles Abdanken von König Fritz angesichts des immer größer
werdenden Stresses und der ausufernden Vorstellungen von Hofmarschall Hermann. So wirkt der Bogenschlag zu den Alt-68ern ein wenig bemüht, die sich noch mit ganz anderen Problemen herumschlagen
mussten. Nazis im Bundestag und auf der Richterbank zum Beispiel, davon können Fritz und Hermann ein Lied singen. Aber damals haben die Menschen (unter ihnen Rainer Pause und Norbert Alich)
wenigstens noch dagegen protestiert und sind gegen das auf die Straße gegangen, das jetzt offenbar einige wieder herbeisehnen.
Immerhin bemühen sich Fritz und Hermann redlich, dem Dreck der Welt irgendwie beizukommen. Und sei es mit Musik. Den USA widmen sie ein Einwanderer-Medley mit mehr Gassenhauern als Stringenz, den
68ern eine Collage mit bekannten Melodien und neuen, exzellent gedichteten Texten. Singen können die beiden schließlich, vielleicht nicht immer zusammen, aber doch zumindest mit Leidenschaft. Ihr
„Kapellmeister“ Stephan Ohm versucht denn auch, den beiden ein solides Fundament zu geben, auf dem die beiden Querdenker ihren Protest in die Welt hinausschmettern und so auf ihre Art und Weise
Herbstputz machen. Das könnten ruhig mehr Menschen mal machen. Und zwar mit Nachdruck.
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