Das Losglück ist dem Publikum hold, an diesem besonderen Abend in der Harmonie. Gleich zu Beginn „Halt dich an meiner Liebe fest“ und „Mrs Robinson“, das muss man erst einmal ziehen. Immerhin befinden sich angeblich rund 120 Titel in dem Stoffbeutel, den Jan Plewka immer wieder in die Menge trägt, 120 aus insgesamt 372 Songs im Repertoire des Selig-Frontmanns und seines langjährigen Weggefährten Marco Schmedtje. Und dann schon am Anfang zwei Hits zum Mitsingen – das kann ja ein lustiger Abend werden. Wird es. Ein Fest für die Ohren, angefüllt mit Simon & Garfunkel, Ton Steine Scherben, Rio Reiser und Stücken aus Plewkas eigener Feder. Fast zweieinhalb Stunden Genuss, dank zweier exzellenter Musiker. Und einem Saal voller Glücksfeen.
Das Repertoire von „Between the Bars“ entspringt natürlich nicht dem luftleeren Raum: Seit inzwischen 13 Jahren interpretiert Plewka die Musik von Rio Reiser, kopiert den „König von Deutschland“
nicht und ist ihm doch so unfassbar nah, dass er für mehr als nur eine Gänsehaut verantwortlich ist. Seine kraftvoll-raue, markante Stimme haucht den gesellschaftskritischen Texten neues Leben
ein, lässt sie pulsieren, ohne dabei zu bemüht nach Ernsthaftigkeit zu ringen. Das Publikum liebt das, ist bei „Mein Name ist Mensch“ oder „Der Traum ist aus“ auch nur allzu mitsingbereit – so
wie ohnehin bei den populären Simon&Garfunkel-Titeln wie „Mrs Robinson“. Auch sie entstammen einem anderen Plewka-Programm, erklingen üblicherweise im vollen Sound einer fünfköpfigen Band,
kommen aber an diesem Abend in reduzierter Form bestens zur Geltung. Schmedtje spielt dezente, aber wirkungsvolle Gitarrenlinien, singt ab und zu leise die zweite Stimme, während sein Freund und
Kollege die Stücke mit dem ihm eigenen Charisma nach vorne trägt, dem Klang der Stille („Sound of Silence“) in einem der Höhepunkte des Abends Raum gibt und immer wieder das Publikum mit
einbezieht.
Zwischen den einzelnen Liedern erzählt Plewka nur zu gerne Anekdoten, erinnert sich an die erste Begegnung mit dem jeweiligen Song oder an deren Entstehungsgeschichte, wenn es sich um eigene
Lieder handelt, berichtet von unerwarteten Studio-Aufnahmen, nächtlichen Kletter-Aktionen auf der Suche nach der Quelle eines furchtbaren Gestanks (es war dann doch keine Leiche, sondern nur
Bohnerwachs) und dem Anruf von Till Schweiger, der Filmmusik wünschte. Außerdem wirbt er genüsslich für die gute alte Kassette, die er samt Download-Codes verkauft, überrascht Schmedtje mit ein
paar italienischen Versen und übersetzt seinen Namen aus dem Polnischen. Eigentlich heiße er ja Knecht Gerstenhärchen, führt er aus. Und Schmedtje? Ist der kleine Schmied. Klingt ein wenig
albern, ist aber letztlich egal, so lange die Musik so klingt wie an diesem Abend, so kuschelig und gemütlich, aufbäumend und anregend. Da spielen nicht Knecht und Schmied. Sondern zwei Meister.
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