Pasquale Aleardi: Der Mann, den sie Pferd nannten

Der Star des Abends ist die Nasenflöte. Nicht der gutmütige Jörg „Spike“ Hamers am Bass, ebenso wenig der liebevoll-bösartige Gitarrist Marc „Mary“ Leymann, der sich gerne mal über das Publikum in der Harmonie beschwert, und erst recht nicht Pasquale Aleardi. Nein, dieser Abend gehört der Nasenflöte. Es ist das Lieblingsinstrument des beliebten Schauspielers, der vielen vor allem als Kommissar Dupin bekannt sein dürfte, ein unscheinbares Ding und doch nach Aussage Aleardis das beste Mittel gegen schlechte Stimmung, abgesehen vielleicht von einem guten James-Brown-Song. Insofern ist es nur konsequent, dass der 48-Jährige es immer wieder ins Rampenlicht bringt. Und dazwischen mit bester Anti-Depressionsmusik einen wunderbaren Abend bereitet.

Zum zweiten Mal ist Pasquale Aleardi mit seinen beiden Phonauten in die Harmonie gekommen und hat das Publikum im Vergleich zum vergangenen Jahr nahezu verdoppelt. Ein Erfolg, den die drei auch redlich verdient haben. Immerhin strahlen sie eine Spielfreude aus, die überaus ansteckend ist. Enthusiastisch stürzen sich Spike, Mary und Paco das Pferd, wie seine Kollegen Aleardi neckend nennen, in Lieder über Schönheitswahn und Selbstdigitalisierung, gedenken der ersten großen Liebe und suchen nach einer Definition von Männlichkeit, die irgendwo zwischen Hund und Hengst liegen sollte. Klingt albern, ist es aber keineswegs. Vielmehr bietet das Trio eine herrliche Mischung aus Musik-Kabarett und gefühlvollen Chansons, lacht und scherzt mit dem Publikum und nimmt sich selbst am allerwenigsten ernst. Insbesondere die permanenten Kabbeleien zwischen „Mary“ und „Paco“ machen Spaß, sind ebenso satirisch wie liebevoll. Hier die bissigen Bemerkungen über den Schönling und Schauspiel-Star, der seit Beginn seiner Karriere vor inzwischen 24 Jahren (übrigens am Theater Bonn) natürlich ein Leben in Prunk und Glamour lebt, während das niedere Musikervolk in billigen Absteigen nächtigen muss; und da die gelegentlich ausbrechenden Symptome eines ausgeprägten Kinski-Tourettes.

Kurzum, langweilig wird es mit Pasquale Aleardi und seinen Phonauten nicht. Das Trio fühlt sich in der Harmonie sichtlich wohl, bezieht auch immer wieder das Publikum mit ein und hat sich an diesem Abend vor allem auf Nathalie aus der ersten Reihe eingeschossen. Immer wieder wendet sich Pasquale Aleardi ihr zu, lädt sie zu einem Duett ein, schmachtet sie an oder fordert sie zu einem Nasenflöten-Experiment auf. Die restliche Menge spielt dagegen die zweite Geige, nur zum Mitsingen wird sie gerne mal herangezogen. Dafür gibt es immerhin Toblerone – und schöne Musik. Zugegeben, nicht jeder Ton sitzt perfekt, aber der Spaßfaktor macht kleinere Unzulänglichkeiten mühelos wett. Die Band ist schlichtweg zu sympathisch, um ihr böse zu sein, und gleiches gilt für ihre Musik, für die feinen Eigenkompositionen mit den intelligent-satirischen Texten und für die Cover-Versuche von „Why Did You Do It“ oder „Azurro“. Sogar ein kleiner Sirtaki wird irgendwann im Wettstreit zwischen dem italienischen und dem griechischen Erbe Aleardis improvisiert, und der ganze Saal singt verzückt „Da da dir la da da“, so als ob es kein Morgen und kein Ende gäbe. Irgendwann kommt dennoch beides. Und vielleicht auch irgenwann die Rückkehr der Phonauten. Mit Paco dem Pferd. Der wilden Mary. Einem Hauch von Kinski. Und jeder Menge neuer Antidepressionsmusik.

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Kommentare: 1
  • #1

    Marc Leymann (Montag, 04 Februar 2019 12:28)

    Hallo Thomas Kölsch!
    Endlich habe ich mal einen Kontakt!
    Spitze!
    Ich wollte mich an dieser Stelle mal ganz herzlich im Namen von Pasquale Aleardi & die Phonauten für Deine mehr als wohlwollende Kritik unserer beider Konzerte in der Bonner Harmonie bedanken und darüberhinaus Deine literarisch überaus wertvolle Schreibweise loben.
    Wir haben sehr gelacht und uns wirklich über Deine sprachlichen Perlen sehr gefreut.
    Die erste Kritik haben wir schon auf unsere Seite gestellt und werden das auch mit der zweiten tun.
    In diesem Sinne:

    Weiter so, tausend Dank und nur das Beste

    Paco, Spike und Mary