Felix Lobrecht: Die große Pippikaka-Show

Was hätte passieren können, wenn Felix Lobrecht nicht nach Bonn gekommen wäre? Der Comedy-Shooting-Star, der derzeit eine 1000er-Halle nach der nächsten ausverkauft, spielt das Szenario in seinem aktuellen Programm „Hype“ gerne mal selber durch. Das Ergebnis: mehrere schreiende Babys, entsetzte Gesichter und sieben Tote nach einer Massenpanik. Ja klar. Weitaus wahrscheinlicher hätte es lediglich dazu geführt, dass das Pantheon an zwei aufeinanderfolgenden Abenden nicht von einer Horde junger kreischender Menschen bevölkert gewesen wäre, die sich über die Proll-Sprüche Lobrechts kaputtlachen und jede Grenzüberschreitung feiern wie einen Sieg beim Grand Prix. Nur bringt der Konjunktiv in diesem Fall nichts. Lobrecht ist ja da. Und bringt seine Fans von der ersten Sekunde an auf Touren.

Tabus scheint es für den 30-Jährigen nicht zu geben. „Ihr dürft heute über alles lachen, was ich sage. Das sind nur Witze“, behauptet er. Ach so. Das entschuldigt natürlich alles. Dann ist es auch kein Problem, sich öffentlich über Behinderte aufzuregen oder jene Teenager zu verlachen, die freitags die Schule schwänzen, um für die Umwelt zu demonstrieren. Ist ja nur Spaß und ohnehin lediglich das, was wahrscheinlich viele Menschen in diesem Land denken. Und genau darauf baut Lobrecht seinen Erfolg auf. Doch ein aufklärerischer Moment entfällt bei ihm leider immer wieder, auch wenn er ihn zumindest bei gewissen Themen wie Rassismus und Homophobie einzubauen versucht. Klappt nur bedingt. „Was kann man nur gegen Schwule haben? Also bei Ausländern, klar, da kann ich die Argumente nachvollziehen...“, schwadroniert er, um dann für mehr Liberalität zu plädieren. Nette Idee, schlechter Text.

Natürlich meint Felix Lobrecht es nicht böse, auch wenn er noch so derb vom Leder zieht. Vielmehr will er entlarven, was falsch läuft in diesem Land, indem er die Vorurteile in Volkes Kopf verbalisiert. Doch die dafür notwendigen feinen Untertöne fehlen – ebenso wie ein Auftreten, das diese Botschaft vermittelt. Stattdessen steht da ein Berliner aus Neukölln, der sich in dem Trubel um seine Person suhlt, der seinen Ruhm liebt und das, was damit verbunden ist, das Geld, die teuren Klamotten, die noch teureren Uhren. Dafür stellt er sich nur zu gerne für anderthalb Stunden auf die Bühne und zelebriert „Die große Pippikaka-Show mit Felix Lobrecht“, möglichst ohne ihn störende Zwischenrufe aus dem Publikum. Schade, zumal die guten Szenen dabei nahezu verloren gehen. Also jene, in denen er wirklich skurrile Anekdoten aus dem Alltag erzählt, etwa über den heimischen „Wenn-dann-da“-Ort mit dem ganzen Krimskrams oder über den Besuch einer Krähe in seinem Wohnzimmer. Klasse. Doch das sind nicht die Sprüche, wegen denen das Publikum gekommen ist. Und Lobrecht muss liefern, gerade jetzt: 2018 erhielt er den Deutschen Comedypreis als Bester Newcomer, sein 2017 erschienener Roman „Sonne und Beton“ wird verfilmt, sein Podcast „Gemischtes Hack“ erreicht jede Woche Zehntausende. Noch ist der Hype da, noch kann er ihn für sich nutzen, noch muss er keine Radiowerbung für Poco oder Kick einsprechen. Es wird sich zeigen, wie lange dieser Zustand anhält.

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Kommentare: 8
  • #1

    paulina bilinska (Samstag, 29 Juni 2019 14:15)

    Guter Kommentar. Ich höre ihn und mag ihn aber er widerspricht allem, was ichmir für deutsche Comedy wünsche. Man merkt er ist sehr politisch aber eben nicht feinfühlig. Er ist (ab)wertend und davon gibt's schon genug in diesem Land. Dennoch ... ein Junge von der Straße durch und durch, aber eben kein wirklich couragierter Typ. Aber sicherlich authentisch (leider).

  • #2

    Christian (Sonntag, 10 November 2019 23:21)

    Ich finde es nicht gut wenn über Menschen Witze gemacht werdern die ein Handicap haben ( Rollstuhlfahrer etc. ). Wer weiss ob er Morgen nicht selbst im Rollstuhl sitzt . Ich meine damit Felix Lobrecht

  • #3

    Felix faaaaan (Montag, 02 März 2020 08:40)

    Ich kann weder sagen, dass mir diese Kritik gefällt, noch dass sie wahr ist. Felix ist ein super Comedian, der mit seinen Witzen der Gesellschaft auf eine etwas rupike Art und Weise auf ihre Fehler hinweist.
    Ich kann dem nicht zustimmen!!!!!!
    Vielleicht seid ihr auch einfach nur HURENSÖHNE!!!!!!
    #lobrechtritter

  • #4

    emmy (Donnerstag, 09 Juli 2020 21:55)

    Meiner Meinung nach eine sehr voreingenommene „Kritik“. Lobrecht kommt (auch außerhalb seiner Zielgruppe) soweit ich es mitbekommen habe immer sehr gut an, so schlecht scheint es also nicht zu laufen. Er hat mehrmals (Interviews, Podcast,...) betont, dass er den Inhalt seiner Bits nicht zwingend vertritt, aber die Rolle der Menschen einnimmt, die das tun. Wenn man ihn außerhalb der Show verfolgen würde und vernünftige Recherche betrieben hätte, wäre bekannt, dass Lobrecht sich für Migranten, FFF etc. einsetzt und es gut heißt.

  • #5

    Nazura (Montag, 09 November 2020 22:16)

    Ich finde ein Künstler auf der Bühne, der das komische verkörpert, hat auch immer eine Verantwortung zu tragen, was die Inhalte betrifft. Niemand kann sich hinter seinem Künstlerdasein verstecken und muss echt die Eier besitzen, weiterzuwachsen und nicht zum tausendsten Mal wiedergeben, was er schon vor einem Jahr abgeliefert hat. Das ist nichts entlarvendes mehr sondern einfach nur einfallslos. Its all about the money honey!!! :*

  • #6

    Ausknipser (Freitag, 11 Dezember 2020 14:18)

    Mario barth für arme, ah ne der is ja schon für arme �

  • #7

    A - Wolf (Sonntag, 10 Juli 2022 02:08)

    Lang ist es her, das Internet vergisst nicht.

    "Noch ist der Hype da, noch kann er ihn für sich nutzen, noch muss er keine Radiowerbung für Poco oder Kick einsprechen. Es wird sich zeigen, wie lange dieser Zustand anhält." ... hieß es damals oben im dem Artikel.

    Und nun.. 2022 - eigene Radiosendung, ein Artikel in der New York Times.
    Wie gut, dass dieser Kritiker sich besser weiterhin darin versucht, prüfende Beurteilungen zu erstellen als in Voraussagungen kommender Ereignisse. Ersteres scheint dann doch vielleicht irgendwann von Erfolg.

  • #8

    Jules (Freitag, 16 Dezember 2022 10:39)

    Ihr seid doch nur neidisch.
    #wissendiewenigsten