„Over the Border“: Mucke und Melancholie

Es war ein Abend der Kontraste: Im Rahmen des „Over the Border“-Festivals haben in der Brotfabrik ein Solo-Künstler und eine Bayern-Band zwei völlig gegensätzliche Stimmungen bedient und das Publikum erst in ein Tränenmeer zu stürzen versucht, bevor dieses dann die Gipfel der Glückseligkeit erstürmen durfte. Ein Konzept, das aufging. Und große Freude bereitete, selbst beim Auftritt von Jo Laureys, der eigentlich andere Akzente setzen wollte. „Genug gelacht, wir müssen jetzt traurig sein“, rief er augenzwinkernd in den Raum. Immerhin hatte der belgische Straßenmusiker ausschließlich melancholische Stücke im Repertoire, wehmütige Balladen mit schlichten, aber durchaus reizvollen Melodien. Stärkster Momente ist das Lied für seinen Vater, der starb, als Laureys 18 Jahre alt war. „Damals brach ich die Schule ab und machte nur noch Musik“, erinnerte er sich. „Aber acht Jahre lang konnte ich nicht über meinen Verlust schreiben. Bis jetzt.“

Der Traurigkeit von Jo Laureys setzten Impala Ray im Anschluss unbändige Spielfreude und eine fast manische Ausgelassenheit entgegen. Das ungewöhnliche Quartett, das den Surfer-Sound der San Francisco Bay Area um Tuba und Hackbrett erweitert hat und sich dabei grundsätzlich nicht um musikalische Grenzen schert, ist ein Garant für „Gute-Laune-Mucke“, wie Frontmann Rainer Gärtner mit einem markanten Lachen betonte. Stimmt. Der Sound, der unter anderem an den unbeschwerten Indie-Pop von Walk Off The Earth erinnert, animierte das Publikum unweigerlich zum Tanzen, getrieben von den kräftigen Beats Dominik Haiders und den Bassläufen der zierlichen Tuba-Spielerin Nicola Missel, die hinter ihrem Instrument mitunter kaum zu sehen war. Dazu mehrstimmiger Gesang, ein paar euphorische Gitarren-Akkorde und filigrane Akzente von der Dulcimer Carmen Unterhofers, fertig war der perfekte Soundtrack für den kommenden Sommer. Die Menge in der Brotfabrik genoss die aufstrebenden, treibenden Songs denn auch in vollen Zügen, sprang auf Wunsch in die Höhe und feierte die Lebensfreude ebenso wie zuvor die Melancholie. Das Konzept ist also aufgegangen.


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