Finger flirren über Tasten, erschaffen fliegende Töne, miteinander wetteifernde Phrasen, sich umschlingende Melodien. Musik, die tanzt. Was könnte man auch anderes erwarten, wenn sich zwei derart herausragende Pianisten kubanischer Herkunft wie Marialy Pacheco und Omar Sosa begegnen? Sie eine der aufregendsten Vertreterinnen ihrer Zunft, die erste Gewinnerin der Piano Solo Competition des Montreux Jazz Festivals und eine Künstlerin, die sich ständig neuen Herausforderungen stellt; er einer ihrer Helden, ein virtuoser Wahnsinniger im positiven Sinne, der mühelos zwischen Rythmen und Stilen wechselt und es dennoch schafft, nie abzudriften. 2017 haben die beiden bereits auf Pachecos Album „Duets“ miteinander gearbeitet – beim Finale der „Aspekte“-Reihe im Kammermusiksaal des Beethovenhauses führen sie dies nun aus und treten in einen Dialog ein, der schöner kaum sein könnte.
Natürlich haben sich Pacheco und Sosa vorbereitet, haben geprobt, letzterer hat sogar umfangreiche Noten auf seinem Flügel ausgebreitet. Doch eigentlich braucht es das gar nicht. Von der ersten Sekunde an ist jener besondere Funke da, der zwei verwandte Geister verbindet, und so können die beiden Musiker ganz befreit aufspielen und auf das reagieren, was der jeweils andere gerade anbietet. Wenn die 36-Jährige mal wieder einen ihrer klar definierten Läufe aus dem Ärmel schüttelt, schafft Sosa – in den rituellen Gewändern der Santería eine auffällige Erscheinung – lachend das harmonische Fundament; und wenn er mit Hilfe dezent gesetzter elektronischer Effekte eine fast schon hypnotische Atmosphäre generiert, setzt Pacheco ebenso sparsame wie eindrucksvolle Impulse. Dann wieder toben sie beide, jagen einander, umschwärmen sich in einem Duett der besonderen Art wie zwei Schmetterlinge im Bossa-Nova-Fieber. Erratisch mag es mitunter klingen, und dennoch verlieren sich Pacheco und Sosa nie aus den Augen. Ganz im Gegenteil. Ein Blick genügt oft, um zu wissen, wo der andere hin will, und mit fast kindlicher Freude schließen sie sich zusammen und nehmen das Publikum mit in die Welt des Latin Jazz. Was für ein Fest. Das Konzert von Marialy Pacheco und Omar Sosa ist mehr als nur ein würdiger Abschluss für „Aspekte“. Es ist eine Offenbarung, was zwei Ausnahme-Pianisten zu leisten vermögen, wenn sie sich einfach fallen lassen können. Und miteinander tanzen. Bleibt zu hoffen, dass die Reihe auch in der kommenden Spielzeit wieder derart hochkarätig besetzt sein wird. So gute Musik hat das allemal verdient.
Kommentar schreiben