Immer besser werden, immer erfolgreicher, immer reicher: Sebastian 23 kann es nicht mehr hören. Der Poetry-Slammer hat genug von diesem ständigen Streben nach Selbstoptimierung, betrieben von Menschen mit so viel Oberflächlichkeit, dass eine Seifenblase vor Neid platzen würde. „So wie wir sind reicht nicht mehr aus“, beklagt er. Vor allem die zahlreichen Ratgeber irritieren ihn, all diese Bestseller-Bücher, die die Leser belehren und als der Weisheit letzter Schluss gelten, bis im nächsten Monat der nächste Wälzer im Regal steht. Jedes siebte Buch fällt inzwischen in diese Kategorie, rechnet Sebastian 23 vor. Und schreibt kurzerhand einen Anti-Ratgeber, mit dem man wieder den Rückwärtsgang einlegen und schlechter werden kann. Endlich. Darauf hat die Welt nur gewartet. Mit „Endlich Erfolglos“ ist der 40-Jährige nun auf Lesereise – so auch im Pantheon.
Vorschläge für eine erfolgreiche Pessimierung hat Sebastian 23 durchaus, so viel sei ihm zugestanden. Viel lieber amüsiert er sich aber über vermeintliche Ernährungsexperten oder über ein offenbar mit automatischen Übersetzungsprogrammen zusammengeschusterten Gutschein-Heftchen aus dem Selbstverlag – der ominöse Autor des von Sebastian 23 zitierten Schundwerks kann sich wahrlich keine bessere Werbung wünschen als die öffentliche Bekanntgabe seiner Existenz durch einen versierten Sprachkünstler. Und das ist der Slampoet ohne Frage. Vielleicht kein guter Rhetor, dafür trägt er seine eigenen Texte dann doch zu hektisch vor, aber schreiben und dichten kann er. Vor allem, wenn er sich der satirischen Polemik und des Nonsens entledigt und wie an diesem Abend das vom Publikum explizit erwünschte onomatopoetische Gedicht „Frank und Freiheit“ intoniert, erweist er sich als Versschmied allererster Güte, der mehr kann und will als nur zu unterhalten. Doch auch das vor absurden Vergleichen nur so triefende Stück „Zeit für Lyrik“ („Bäume sind Büsche auf Balken“), das es inzwischen in mehrere Schulbücher geschafft hat, ist mitunter brillant und längst nicht so einfach zu imitieren wie gedacht – einen entsprechenden Antworttext einer Klasse eines Stuttgarter Gymnasiums hat Sebastian 23 als Beweis gleich mit im Gepäck. Das geht ja wohl besser, möchte man da meinen. Doch nach knapp zwei Stunden voller Ausführungen über Ernährungsstrategien und Kiesel-Liedern könnte sich der ein oder andere dennoch die Frage stellen, was man letztlich aus dem Abend mitnimmt. Nun, vielleicht gar nichts. Manchmal muss der Mensch nichts gewinnen. Sondern einfach nur so bleiben wie er ist. Und ein wenig abschalten. Auch schön.
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