Eigenwillig – dieses Attribut hat sich die Bonner Sängerin Milene auf die Fahnen geschrieben. Die 22-Jährige sucht nach neuen Pfaden im Dickicht der deutschen Popmusik und setzt dabei auf eine Mischung aus Singer-Songwritertum und einer ordentlichen Dosis Soul. Das kommt an, wie sich am vergangenen Sonntagvormittag bei der Eröffnung des Beethovenfest-Programms im Post Tower gezeigt hat. Das Publikum jubelte der jungen Künstlerin und ihrer Band zu, feierte die ambitionierten Texte und die abwechslungsreiche Musik, die zwar mitunter ein wenig zu viel wollte, immer wieder aber auch im Ohr hängenblieb. Und letzteres ist ja immer ein gutes Zeichen.
Tatsächlich hat sich Milene in den vergangenen Jahren stetig weiterentwickelt, hat kontinuierlich an sich gearbeitet und kann inzwischen mit ihrer kraftvollen Soulstimme den Saal Nairobi im
zweiten Stock des Post Towers notfalls auch alleine ausfüllen – die sonst genutzte Lounge im Erdgeschoss ist mittlerweile einem Asia-Bistro gewichen. So hat es Milene also nach oben verschlagen,
und es steht außer Frage, dass sie durchaus noch höher hinauf möchte. Das Talent dazu hat sie allemal, ebenso wie das Material. Doch die Sängerin will auf Nummer sicher gehen, akzentuiert jede
Silbe mit ausladenden Armbewegungen, um jeden Vers auf den Punkt zu bringen. Dabei gesteht sie in einem ihrer Songs doch selbst, dass sie lieber ein Komma setze als einen Schlussstrich. Ein
bisschen mehr Offenheit ist eben häufig besser.
Stilistisch mäandert Milene denn auch fröhlich durch die Grenzgebiete von Funk und Jazz, vor allem ihrem Saxofonisten Sergii Cherenko immer wieder Freiräume für feine Soli lassend. Dazu gesellen
sich verträumte Balladen, die allerdings erfreulicherweise nicht voller unerfüllter Liebe und bitter-schmalzigem Herzschmerz überlaufen, sondern vielmehr den Blick auf andere Arten von
Schicksalsschlägen lenken. Dabei erweist sich Milene als überaus geschickte Texterin, der jedes Stilmittel recht ist. Angesichts all der Alliterationen, Bilder und Metaphern klingt es zwar ein
wenig seltsam, wenn sie dies augenzwinkernd bei anderen Deutschpop-Poeten kritisiert, andererseits verzichtet Milene weitgehend auf hohle Phrasen und beweist, dass sie durchaus etwas zu sagen
hat. So kann es im Post Tower ruhig weitergehen.
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