Gemäßigter soll er sein, stromlinienförmiger, mehr dem Mainstream zugewandt. Alles Quatsch. Ja, natürlich klingt Laurence Jones auf seinem aktuellen Album „The Truth“ weitaus eingängiger als früher, hat die rauen Kanten seines Gitarrenspiels einer kleinen Politur unterzogen und den einst dreckigen Sound in den Wassern von Miami gewaschen, um auch im Radio präsent sein zu können – doch zumindest live verfügt der 27-Jährige auch weiterhin über eine beachtliche Kraft, die er nur zu gerne in exquisite Soli gießt. In der Harmonie hat Jones sich nun gereift gezeigt, deshalb aber nicht weniger aufregend als noch zu jener Zeit, als er mit der Blues Caravan unterwegs war. Ganz im Gegenteil: Der Brite streckt zunehmend seine Fühler auch in benachbarte Genres aus, greift beherzt beim Soul zu, holt sich eine Background-Sängerin an seine Seite und kreiert auf diese Weise eine Mischung, an der sich höchstens Hardcore-Blues-Puristen stören könnten.
Dabei sah es zunächst so aus, als könnte die Stimmung kippen, noch bevor Jones und seine Bandkollegen überhaupt auf der Bühne erscheinen. Der angekündigte Konzertbeginn um 20 Uhr kam und ging, ohne dass sich etwas regte. Nicht wenige Gäste der Harmonie waren darüber nicht erfreut und versuchten mit zunehmender Verspätung nachdrücklich, die Musiker mit Pfiffen herbeizuzaubern. Dennoch dauerte es noch 20 Minuten, bis Jones und Konsorten im Saal erschienen, nur um sofort Vollgas zu geben und den Unmut mit druckvollem Spiel fortzuwischen. Immerhin. „Those Tears Dry“, heißt es gleich zu Beginn. Ein schöner Trost. Aber einer, der sich dank der musikalischen Brillanz der Band bewahrheitet. Oft relaxter, mitunter explosiver, stets energiegeladener Bluesrock schmettert in den Saal, gesanglich wie instrumental erfreulich stark und durchaus abwechslungsreich. Jones zieht alle Register, holt mit Songs wie „Save Me“ den genannten Soul in den Zwölftakter, zaubert bei „Thunder in the Sky“ auch mal mit eindringlichen, ruhigen Tönen und lässt es dann beim Jimi-Hendrix-Cover „All Along The Watchtower“ so richtig krachen. Dabei artet das Solospiel nie so aus wie etwa bei Joe Bonamassa oder bei Hendrik Freischlader, mutiert nicht zur Ton-Orgie um ihrer selbst willen, sondern dient immer dem Stück – was aber angesichts einiger durchkomponierter Instrumental-Passagen neueren Datums allerdings auch konsequent ist. Die souveräne und bestens eingespielte Band im Hintergrund tut ihr übriges, um das Konzert zu einem besonderen Erlebnis zu machen, auch wenn es letztlich mit etwa 90 Minuten unnötig kurz daherkommt. Eigentlich hat Laurence Jones doch mehr in petto. Soll er es doch auch zeigen. Das Können hat er allemal, nicht umsonst wird er zumindest von der britischen Presse als „Zukunft des Blues“ beschrieben. Das Konzert in der Harmonie lässt auf jeden Fall erahnen, dass an dem Lob etwas dran sein könnte. Jetzt muss „The Truth“ nur noch wirken.
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