Die Welt ist aus dem Gleichgewicht. Überall globale Krisen und soziale Probleme, die es zu lösen gilt – doch diejenigen, die helfen könnten, scheffeln lieber weiter Geld. Unfair, findet Wolf Maahn und singt mit seinem kommenden Album „Break Out Of Babylon“ dagegen an. In der Harmonie hat der Singer-Songwriter nun den Auftakt zur aktuellen Tour gefeiert und erstmals einige der neuen Songs der Öffentlichkeit präsentiert.
Im Grunde bleibt der Mann sich treu: Wie schon seit mehr als vier Dekaden balanciert er zwischen poetischen Liebes- und kritischen Maahnliedern, träumt von Romantik und von Veränderungen, von
Zärtlichkeit und Menschlichkeit. Maahn selbst ist dabei die einzige Konstante. Die vergangenen Jahre scheinen nahezu spurlos an ihm vorüber gegangen zu sein, und wenn er zusammen mit seiner Band
Klassiker wie „Kind der Sterne“ oder „Wenn der Regen kommt“ anstimmt, klingt er noch genau so knarzig-charmant wie früher. Die neuen Stücke hört man dennoch sofort heraus, und zwar nicht nur,
weil das Publikum in diesen Momenten ausnahmsweise nicht alle Strophen mitsingen kann, sondern sie sich erst einmal einprägen muss. Nein, da ist mehr. Ein Stil, den man von dem 64-Jährigen
zumindest in diesem Umfang nicht gewohnt ist. Wolf Maahn, der Deutschrock-Poet, greift auf einmal zu Reggae und zu Dub! In gewisser Weise ist dies überfällig, spielte er doch schon 1980 im
Vorprogramm von Bob Marley, unerwartet ist der Schritt aber dennoch, zumal Maahn die sonnigen Grooves mit einer düsteren Patina überzieht und jedem Gute-Laune-Gefühl kategorisch eine Absage
erteilt. Dafür liegt einfach zu viel im Argen. „Die Finanzmagnaten, reicher als manche Staaten, spielen weiter 'Wer wird Millionär'“, singt er und präsentiert damit das Kernthema von „Break Out
Of Babylon“, das als Konzeptalbum die Geschichte eines Superreichen erzählt, der sich zum Visionär wandelt so wie einst Saulus zum Paulus.
Das Publikum nimmt Idee und Umsetzung freudig auf, akzeptiert sogar die Elektro-Einflüsse bei der Single „Slow-Mo“ und den schmalzigen Country-Ton bei dem eher trägen „In der Gegenwart von
Schönheit“ – seine Vielseitigkeit hat Wolf Maahn schließlich schon immer bewiesen. Und doch sind es die stromlinienförmigen Rocksongs, die am besten ankommen. Bei „Irgendwo in Deutschland“ will
die Menge am liebsten gar nicht mehr mit dem Kehrvers aufhören, bei „Rebellion“ auch nicht. Da spielt es keine Rolle, dass Maahns Stimme nach gut anderthalb Stunden Konzert so langsam an ihre
Grenzen stößt und die Töne mitunter nur noch herausgerotzt werden. So lange die Energie noch da ist, wird weitergemacht. Und auf eine bessere Welt gehofft, in der Billionäre für das Gute kämpfen
und alle gemeinsam etwas bewegen. Klingt zu gut, um wahr zu sein. Aber träumen kann und sollte man davon.
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