Am Ende knallen die Champagnerkorken. Geschafft, zum Glück. Eine weitere gelungene Silvestergala. Alles andere wäre auch eine Schande gewesen für das stolze Grand Hotel, jenes altehrwürdige Haus, das mit großer Geste den hohen Stil pflegt und von sich und seinen Mitarbeitern nicht weniger als Perfektion verlangt. Zumindest gegenüber den Gästen. Was im Hintergrund passiert, ist eine ganz andere Geschichte. Und die erzählt das GOP Varieté-Theater Bonn mit der neuen Show „Grand Hotel“ nur zu gerne. Denn Was hinter den Kulissen einer Nobel-Herberge geschieht, reicht für eine ganze Bibliothek voller Anekdoten, in denen es nur so wimmelt von bunten Gestalten. Jonglierende Pagen, beschwipste Zimmermädchen, sprunghafte Köche und ein Concierge, der bei all dem Chaos noch die Kontrolle zu behalten versucht, sorgen auf jeden Fall für einen überaus unterhaltsamen Abend – und ein frohes neues Jahr.
Natürlich kann an diesem Abend nichts so laufen wie geplant. Das Hotel muss schließlich noch auf Vordermann gebracht werden, und da die engagierten Künstler im Schnee stecken geblieben sind, soll das Personal zu allem Überfluss auch noch für die Unterhaltung der Gäste sorgen. Dabei ist es damit doch schon beschäftigt, noch bevor sich der Vorhang überhaupt hebt: Im Zuschauersaal säuseln die beiden Flüstersängerinnen Anina und Anouschka Doinet dem ein oder anderen Besucher kleine Melodien ins Ohr, während Concierge Gilles le Leuch bei einem Rundgang nach dem werten Befinden fragt. Auch andere „Angestellte“ tummeln sich inmitten der Service-Kräfte, die ihrerseits – zumindest zum Teil – beim Appell auf der Bühne die Reihen des Personals verstärken. Tanzen müssen sie allerdings nicht, ebenso wenig wie putzen, was im Grand Hotel tatsächlich ein und das selbe ist. So mischen sich die Vorbereitungen auf den Jahreswechsel, die ganz bewusst Bezüge zu „Drei Männer im Schnee“ aufweisen, mit Musical-Stilistik und jeder Menge Slapstick. Vor allem Zimmermädchen Luise (Caroline Schroeck) hat ein Talent dazu, sich im Übereifer des Gefechts ein wenig zu verheddern oder kurzerhand in den Waschzuber zu plumpsen, doch auch Page Louis (Sergey Maslennikov) ist sich für keinen Spaß zu schade. Andererseits erweist er sich als begnadeter Jongleur, der mehrere gefüllte Gläser ebenso mühelos in der Luft halten kann wie drei Tennisschläger. Dazu gesellen sich noch die blonde Diva von Zimmer 3, die auf der besonderen Aufmerksamkeit eines Kellners besteht, sowie der russische Fitness-Trainer, der sich mit einem Schlitten durch den draußen tobenden Schneesturm geschlagen hat und nun versucht, die neue Aushilfe zu verführen.
„Grand Hotel“ versprüht mit dieser besonderen Mischung einen ganz eigenen Charme. Die Show ist nicht so verrückt wie „Appartement“, nicht so energiegeladen wie „Impulse“ oder so poetisch wie „Toys“ – doch sie wahrt die Balance zwischen diesen Polen und setzt zugleich mit einigen Nummern fantastische Akzente. Wenn Concierge Gilles den Diabolo fliegen lässt oder Roman Khasperskiy und Anastasia Sopilniak eine atemberaubende Partnerakrobatik auf einer Tür präsentieren, offenbart sich das gewohnt hohe GOP-Niveau, ebenso wie bei den herrlichen Clownerien von Caroline und Sergey. Letzterer zählt mit seinen 57 Jahren übrigens ebenso wie Gilles zu den ältesten GOP-Artisten. Sieht man beiden nicht an, zumal ohne sie das Grand Hotel keineswegs funktionieren würde. Sie halten die Fäden in der Hand, führen Figuren und Publikum gleichermaßen und schaffen es am Ende tatsächlich, dass sich auch im Zuschauerraum alle erheben und sich – trotz einiger Verspätung – noch einmal ein frohes neues Jahr wünschen. Geht es nach dem Ensemble, wird sich dieses kleine Ritual nun bis zum 1. März regelmäßig wiederholen. Bis dahin läuft „Grand Hotel“ mittwochs bis sonntags im GOP Varieté-Theater Bonn.
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