Das erste Opfer ist ein Häschen. Ein armes, kleines, harmloses Tier, das lediglich zur falschen Zeit am falschen Ort war. Die Täterin: Die Protagonistin. Cayenne, die ein Leben in den Wäldern Brandenburgs führt und ständig auf der Flucht ist. Schon das zeigt, das die beiden Krimi-Autoren Volker Klüpfel und Michael Kobr bei ihrem ersten Ausflug ins Thriller-Genre einen anderen Tonfall anschlagen. In „Draußen“ geht es deutlich brutaler, düsterer, mörderischer zu als in den Kluftinger-Romanen, für die das Duo berühmt ist. Jetzt ist Schluss mit lustig. Zumindest teilweise. Denn insbesondere bei ihren Lesungen können und wollen die Beiden nicht auf die ihnen eigene Mischung aus Comedy- und Entertainment-Elementen verzichten. Was im Haus der Springmaus dazu führt, dass bei diesem Roman dann doch mehr gelacht wird als erwartet.
Dabei versuchen Klüpfel und Kobr durchaus, mit den gewählten Auszügen eine bedrückende Spannung aufzubauen. Teenagerin Cayenne, die unter Menschen lebt, die sich auf den Weltuntergang vorbereiten
und ein Überlebenstraining nach dem anderen absolvieren, muss sich ständig ihrer Haut erwehren und sich insbesondere vor einem Schweizer und einem Chinesen verstecken, die Jagd auf sie machen.
Mit diesem ungewöhnlichen Team ist nicht zu spaßen, schrecken sie doch noch nicht einmal davor zurück, aus Rache einen irren alten Mann mit einem herabfallenden Käfig umzubringen. Doch gerade
diese Szene wirkt auch schon ohne die Zwischenbemerkungen der Autoren so bizarr, dass man sie nicht ernst nehmen kann. Da trickst ein offenkundig verrückter Verschwörungstheoretiker die beiden
Schurken aus, so als wären sie blutige Anfänger, was so ziemlich jede Bedrohung durch letztere ad absurdum führt – und wenn dann noch Klüpfel und Kobr mit klischeebeladenen Akzenten die
dazugehörigen Dialoge vortragen, fällt ohnehin alles in sich zusammen. Andererseits ist das immer noch unterhaltsamer als die ständigen Kabbeleien des Duos, das so wie eine Schriftsteller-Version
von Mundstuhl wirkt. Auch die bemühten Film-Einblendungen, in denen Klüpfel und Kobr meckernd und maulend durch den Wald stapfen, sind nicht gerade zielführend, ziehen sie so doch die Handlung
zunehmend ins Lächerliche.
Beim Publikum – einem weitaus kleineren als bei einer echten Kluftinger-Lesung – kommt dieser Ansatz allerdings gut an. Schließlich will man in erster Linie unterhalten werden, das Buch selbst
führt man sich später selbst zu Gemüte oder folgt der Hörbuchfassung, für die mit Dietmar Wunder niemand anderer als der Synchronsprecher von Daniel Craig verpflichtet werden konnte. Seine sonore
Stimme erlaubt keinen Unsinn und ermöglicht Kluftinger und Kobr, tatsächlich als Autoren wahrgenommen zu werden und nicht bloß als Clowns des Literaturbetriebs. Das haben sich die beiden
schließlich doch verdient. Und wer weiß, was diese Erfahrung in Zukunft für Kommissar Kluftinger bedeutet. Mit dem soll es nämlich definitiv weitergehen, der mittlerweile 11. Fall der Kultfigur
ist in Planung.
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