Lisa Eckhart: Die Lust am Laster

Gott ist tot, und die Sünder tanzen begeistert auf seinem Grab. Warum auch nicht? Ohne eine höhere Instanz, die auf die Einhaltung himmlischer Gesetze pocht, droht schließlich keine Verdammnis mehr. Die Hölle, sie ist öde und leer geworden, seit auf Erden alles erlaubt ist. Die Todsünden sind längst im Alltag etabliert: Fast-Food-Ketten huldigen der Völlerei, Online-Shopping-Giganten bedienen die Trägheit und die sozialen Medien fördern den Zorn gegen alles und jeden. Laster sind somit gewöhnlich geworden – und damit zumindest in den Augen von Lisa Eckhart gnadenlos langweilig.

So kann das nicht weitergehen. Daher hat sich die Kabarettistin und leidenschaftliche Provokateurin entschlossen, ihr Publikum zu bekehren. Sünden müssen eben wieder Konsequenzen haben, statt zu Tugenden erklärt zu werden. Denn nur wenn die Verdammnis lockt, weiß der Mensch das Leben zu würdigen. Jetzt hat sie im Pantheon über „Die Vorteile des Lasters“ gepredigt.

 

Um ihr Ziel zu erreichen, ist Lisa Eckhart jedes Mittel recht. Gnadenlos bricht sie jedes Tabu, versucht mit jeder Pointe zu schockieren und so zumindest ein bisschen Erregung in den Herzen der Menschen zu verankern. Irgendwer muss ja schließlich den Herrn des Spottes ersetzen, der auf seinem infernalischen Thron längst nichts mehr zu melden hat. Und wer könnte die Adamssöhne und Evastöchter besser verführen als Eckhart mit ihrer wortgewandten Rhetorik? Nur zu gerne stilisiert sie sich als Teil jener Macht, die stets das Böse will – und stets das Gute schafft. Denn so ganz kann die 27-Jährige ihren humanistischen Kern doch nicht verstecken. Immer wieder kommt hinter der Fassade der scharfzüngigen Zynikerin die ebenso scharfzüngige Künstlerin zum Vorschein, die sich stört an Hybris, Heuchelei und Hedonismus. Wie sie sie verachtet, all jene Veganer, die keinen Fisch essen, ihn aber nur zu gerne mit Kreuzfahrtschiffen vergiften; die Unternehmen, die sich ein grünes Etikett aufkleben, während sie gleichzeitig Regenwälder abholzen lassen; oder die Konsumgläubigen, die Geiz geil finden, aber mit ihren Gedanken und Meinungen nur so um sich werfen.

 

All das kommentiert Eckart so bissig wie nur irgendwie möglich, auch wenn sie damit so mancher öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt in ihrer prüden Biederlichkeit ein Dorn im Gehörgang ist. Ja, sie bedient mitunter rassistische Klischees, liebt Hurengeschichten oder kratzt mit fein polierten Krallen an der Glasur des guten Geschmacks – aber doch nur, um die darunter liegende Fäulnis sichtbar zu machen. So viel Satire muss man schon aushalten können, ohne sie zensieren zu wollen. Das Publikum im Pantheon ist auf jeden Fall begeistert und feiert die Österreicherin als Hohepriesterin der Laster, ganz so, wie es Lisa Eckart erwartet. „Wenn's Ihnen heute Abend nicht gefällt – an mir liegt's nicht“, sagt sie selbstbewusst. Stimmt.

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