„Kacken Sie auch ständig in ihr Wohnzimmer?“ Eine provokante Frage, die Eckart von Hirschhausen bei der Vorstellung seines neuen Buchs „Mensch Erde! Wir könnten es so schön haben“ im Bonner Brückenforum stellt. Aber eine berechtigte, wenn man davon ausgeht, dass unser Planet das Wohnzimmer der Menschheit ist, und wenn man nicht fragt, wo in diesem Vergleich dann bitte das Klo sein soll. Egal, es geht ja um Folgendes: Wir verpesten mit unseren Ausdünstungen Mutter Erde, und wenn nicht wir, dann doch unsere Nutztiere. Ist beides Mist. Also muss von Hirschhausen eingreifen und nach Wegen suchen, wie die Menschheit den einzigen Lebensraum im Universum bewahren kann, in dem wir zusammen mit Kaffee, Sex und Schokolade existieren können. Nur sind nicht die Lösungen das Problem – sondern die Menschen, die sie umsetzen müssten.
Im gut gefüllten Brückenforum, das als Ersatzspielstätte zum wegen Hochwasser gesperrten Kulturgarten dient, zeigt sich Eckart von Hirschhausen in Bestform; auch er hat, so scheint es, das
Live-Publikum vermisst und geht daher ganz bewusst über den Rahmen der ursprünglich geplanten Lesung hinaus, indem er Versatzstücke aus früheren Programmen integriert. Auf der Bühne hat er denn
auch kurzerhand ein Wohnzimmer aufbauen lassen, mit Klavier, Ohrensessel, Standuhr und Skelett, so wie man es eben in unzähligen Haushalten vorfindet. In diesem Ambiente philosophiert und doziert
von Hirschhausen über seine Vorstellung von globaler Gesundheit, explodierende Gehirnzellen beim Einfrieren von lebenden Menschen, den Schadstoffausstoß besagter Nutztiere sowie den ökologischen
Fußabdrücken von Äpfeln aus Neuseeland und aus Deutschland. Ergebnis: Cryonik ist Quatsch, Fleischkonsum sollte mit Gülle-Eimern belohnt werden, und importiertes Obst ist spätestens ab Juni
nachhaltiger als das aus heimischen Gefilden. Dazu gesellen sich Tipps für mindestens zehn Jahre zusätzlicher Lebenserwartung sowie zur Entrümpelung des angesammelten Hausstands – vor allem
letzteres ist leichter gesagt als getan, wie der gute Doktor aus eigener leidvoller Erfahrung berichtet. Immerhin outet er sich selbst als leidenschaftlicher Sammler ohne festes Sachgebiet, der
seine Schätze mit Hilfe eines orange gewandeten Entsorgungs-Gurus aus Bonn immerhin schon in brennbar und nicht brennbar zu unterscheiden vermag. „All you need is less“, singt er und fordert das
Publikum auf, dieses Mantra mit ihm gemeinsam in die Welt hinauszuträllern.
Ohnehin spielt Musik für von Hirschhausen eine zentrale Rolle. Ihre heilende Wirkung ist schließlich hinlänglich bekannt, auch wenn dies in der Corona-Pandemie gerne mal ignoriert wurde. Dafür
greift der 53-Jährige nun umso häufiger auf den Pop zurück – wozu hat er schließlich sonst den Pianisten und Musikkabarettisten Sven Garrecht mitgebracht? Der Saal verwandelt sich so zur
Konzerthalle, das Publikum zum Chor: „Oh When the Saints“, „Thank you for the Music“ sowie der Kanon „Viel Glück und viel Segen“ (für ein anwesendes Geburtstagskind) klappen schon einmal gut und
zeigen Wirkung. Die Menge wird zunehmend entspannter, kann sie sich doch zumindest für ein paar Stunden ablenken lassen von dem immer noch schwierigen Alltag. Von Hirschhausens Therapieplan geht
also auf. Ein bisschen Übung für die Stimmbänder, ein paar Pointen fürs Zwerchfell und ein paar Gedanken für die grauen Zellen, schon geht es den Patienten wieder besser. Und wer weiß, vielleicht
nehmen sich zumindest einige die Anregungen des Weltdoktors zu Herzen – und achten ein bisschen besser auf das globale Wohnzimmer.
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