Der zweite Abend des Jazzfests Bonn steht ganz im Zeichen des Klaviers. Und des Dialogs, mit sich selbst und mit anderen. Für den Kammermusiksaal des Beethovenhauses hat Impresario Peter Materna schon immer gerne virtuose Pianisten eingeladen, um der exzellenten Akustik des Raumes Rechnung zu tragen, und auch in diesem Jahr dürfen zwei Künstler über die Tasten huschen, die mit ihrer Musik viel zu erzählen haben: Auf der einen Seite Django Bates, der ausnahmsweise solistisch unterwegs ist, und auf der anderen Seite Rainer Böhm, der wie üblich den Gitarristen Norbert Scholly an seiner Seite weiß. Mal romantisch verklärt, mal abstrakt, stets jedoch technisch brillant entsteht so ein Doppelkonzert, das vom Publikum einiges an Konzentration fordert, dafür aber auch viel zu bieten hat. Wenn man denn zuhört. Und sich fallen lässt.
Einfach ist das Spiel von Scholly und Böhm keineswegs: Nur selten singen die Instrumente des Duos mit einer Stimme, meist sind sie eigenständig unterwegs und erschaffen ihre eigenen Geschichten. Dennoch verlieren sie sich nicht in den labyrinthischen Melodielinien, bleiben immer in Hörweite des jeweils anderen, laufen vielleicht nicht zusammen, wohl aber gemeinsam und treffen sich mit steter Regelmäßigkeit zu einem kleinen Plausch, nur um unmittelbar darauf wieder eigene Wege zu gehen. Keiner drängt sich dem anderen auf, jeder darf sich frei entfalten, Böhm mit seinem oft lyrischen, perlenden Stil und Scholly mit einer fast tänzerischen Leichtigkeit. Nicht ohne Grund sind Bewegungen ein zentrales Motiv des Duos, mal die einer schwarzen Katze („El movimento de la gata negra“), dann wieder die eines Walzers („Pop Waltz“) oder eines deutlich energetischeren Tanzes („Dance in 7“), bei dem Böhm wie ein Derwisch über die Tasten flitzt und Scholly sich unter anderem beim Funk bedient.
Während sich Böhm und Scholly aller Eigenständigkeit zum Trotz permanent austauschen, bleibt Django Bates erzwungenermaßen für sich. Während des Lockdowns hat der 60-jährige Brite etliche neue Stücke komponiert, die er jetzt erstmals einem Publikum präsentiert. „Dies ist die Geburtsstunde von einigen meiner Ideen“, sagt er. Und erschafft musikalische Phantasmagorien, Klang gewordene Traumbilder, abstrakt und konkret zugleich: hier ein Staubteufel in der Wüste, dort die Lieblingsblume seines Vaters, an anderer Stelle eine Detailaufnahme seiner Frau, Im Großen benannt und im Kleinen dennoch fluide. „Das war eine bessere Version als jene, die ich vor etwa einer Stunde gespielt habe“, gesteht Bates nach „My Idea of a good tune“ und lacht. Geändert habe er letztlich nur zwei Töne. Doch die machen es eben aus. Das Publikum zeigt sich dementsprechend begeistert und bedanken sich Bates – wie zuvor schon bei Norbert Scholly und Rainer Böhm – mit kräftigem Applaus.
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