Wo Jan Delay drauf steht ist Party drin. An dieser Prämisse hat sich auch nach anderthalb Jahren Corona nichts geändert: Auf dem KunstRasen sorgen der 45-Jährige und seine „Disco Number One“ mal wieder für gute Laune, drücken das Spaßpedal durch und brausen mit 70er-Jahre-Funk, Reggae und Hip-Hop-Attitüde in Richtung Sorglosigkeit. „Ja es sind finstere Zeiten, aber das muss gar nicht sein“, näselt Jan Delay direkt zu Beginn des Konzerts im „Intro“. „Lass uns die Wolken vertreiben, ich hab Sonne dabei“. Klingt gut. Ist es auch.
Als Live-Künstler ist Jan Delay einfach eine Nummer für sich, ein grandioser Entertainer mit genau der richtigen Mischung aus Energie und Coolness, um wirklich jedes Stück zum Party-Knaller zu
machen. Selbst die Titel der neuen Platte „Earth, Wind & Feiern“, die im Studio mitunter eher einen trägen Groove erhalten haben, entfachen dank des charismatischen Sängers und seiner
exzellenten, druckvollen Band eine einzigartige Energie. Diese geht direkt in die Arme und Beine, die daraufhin einfach nicht mehr stillstehen können. Und selbst wenn es mal ein bisschen
entspannter wird wie bei dem inzwischen 20 Jahre alten "Vergiftet", ist das nur eine kurze Ruhepause, bevor wieder alles vibriert und die Tanzfreude erneut das Kommando übernimmt. Mehr noch: Jan
Delay fordert das Publikum sogar explizit dazu auf, nach vorne zu kommen und die nicht länger vorgeschrieben Abstände zu ignorieren. Ein Wunsch, dem die Menge nur zu gerne nachkommt. "Ist
ungewohnt", sagt Jan Delay lachend mit Blick auf das Treiben auf dem KunstRasen, "aber geil."
Letztlich bietet Jan Delay genau das, was die Menge will und braucht: Eine Auszeit voller positiver Vibes, knapp zwei Stunden ohne Stress und Sorgen. Kein Wunder also, dass der Andrang enorm ist.
Rund 2000 Besucher sind an diesem Abend auf den KunstRasen gekommen, auch das heutige zweite Konzert ist nahezu ausverkauft. Doch obwohl der Aufruf zur Party das zentrale Element der Konzerte
ist, bleibt die Musik keineswegs inhaltsleer. In „Alexa“ setzt sich Jan Delay vielmehr kritisch (wenn auch etwas oberflächlich) mit der willig akzeptierten Abhängigkeit von Weltkonzernen
auseinander, in „Spaß“ mit Rassismus und Engstirnigkeit.
Insofern könnte das Konzert kaum besser laufen. Schade ist höchstens, dass Jan Delay den Albumtitel offenbar nur des Wortspiels wegen wählte und die großartige, bläserlastige Funk-Musik von
„Earth, Wind & Fire“ noch nicht einmal mit einem Zitat oder einem Cover würdigt, sondern sich lieber an Das Bro und Dr. Dre hält – was nicht die schlechteste Wahl ist, dem Konzert so aber
eine zusätzliche, an sich prächtige Klangfarbe vorenthält. Dem Publikum ist das allerdings egal. Es darf wieder ungehemmt tanzen und das Leben feiern, darf sich so frei fühlen wie seit Beginn der
Pandemie nicht mehr, und kostet das in vollen Zügen aus. "Wir haben Action", ruft Jan Delay denn auch zu pulsierenden Buddy-Rich-Grooves und mit einem kleinen Gruß an die ominösen
Beschwerdeführer auf der anderen Rheinseite - die Lärmdiskussionen in Bonn haben sich in der Musikszene offenbar inzwischen herumgesprochen. Derweil eskaliert die Gronau, natürlich im positiven
Sinne. Alles wippt, alles springt, alles tobt. Dementsprechend erschöpft, aber euphorisch bedankt sich das Publikum nach etwa zwei Stunden bei Jan Delay und seiner Band für die Party im
verblassenden Sonnenschein. Quasi als Antwort fungiert dazu „Eule“, der Sesamstraßen-Hit des Hamburgers. „Ja, immer wenn der Mond scheint, dann is Showtime“, heißt es da, so als könnte das
Konzert noch ein paar Stunden weitergehen. Schön wär's.
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