Stefan Danziger: Bomben für den Prenzlauer Berg

Depressionen scheinen sich gerade zur beliebtesten Erkrankung in der Kabarett- und Comedy-Szene zu entwickeln. Gefühlt jeder Zweite bekennt sich derzeit zu der „schwarzen Galle“, wie die Viersäftelehre der Antike die psychische Störung bezeichnete, und auch Stefan Danziger macht da keine Ausnahme. Der Berliner Comedian, der erst im vergangenen Jahr den Stuttgarter Besen gewann und dadurch von einigen schon als Senkrechtstarter bezeichnet wird, macht bei seinem Auftritt im Haus der Springmaus keinen Hehl aus seiner Situation, kennt aber zum Glück auch die richtige Therapie: Viel Bewegung, Musik, helles Essen – und ein Bombenabwurf auf den Prenzlauer Berg.

Letzteres scheitert zwar regelmäßig an der Sturheit der Nato, an die sich Danziger einmal jährlich wendet, und alles andere ist meist dann doch zu anstrengend, aber zumindest theoretisch könnte sich der 38-Jährige selbst therapieren. Angesichts seiner durchaus unterhaltsamen Geschichten scheint es ohnehin nicht allzu schlecht um Danziger zu stehen – zumindest so lange er einen roten Faden hat. Was leider nicht immer der Fall ist.

 

Danzigers Steckenpferd sind die Absurditäten des Alltags: Die Begegnungen mit spanischen Touristen und Quoten-Assis in der Berliner U-Bahn, die eigene, nur wegen einer Frau durchgeführte griechisch-orthodoxe Taufe (hat nicht geholfen) oder die abenteuerliche Reise nach Boston mit gerade einmal 120 Euro in der Tasche. Bis zu einem gewissen Punkt sind all diese Erzählungen herrlich absurd, getragen vom lakonisch-schnodderigen Duktus des gebürtigen Dresdeners. Doch spätestens wenn es dem Ende entgegengeht, stürzt Danziger ab. Die finale große Pointe, sie fehlt konsequent. Stattdessen schweift er ab, versucht sich an kurzen Gags ohne Bezug zur Geschichte, wird dabei mitunter unnötig ordinär und beschleunigt die Bruchlandung so nur, statt sie zu verhindern. Warum auch immer. Schließlich weiß er um seine Schwächen, notiert sie sich sogar auf der Bühne, verbessert sie aber nicht. So bleibt sein Programm „Dann isset halt so“ konfus und Danziger gefangen im Labyrinth. Ohne Ariadne. Schade, zumal er das überhaupt nicht nötig hätte. Die Geschichten sind ja da, die Zeit auch. Die muss er sich nur nehmen, was er aber erst in der zweiten Hälfte macht. So ist denn auch der Abschluss über einen verpatzten Silvesterabend mit seiner Frau, die ihn quasi zur Strafe am nächsten Morgen voll verkatert zu einem Tanzworkshop einer Pina-Bausch-Elevin schleift, die mit Abstand stärkste Passage, auch ohne dass der Prenzlauer Berg explodieren musste. Das kommt vielleicht beim nächsten Mal, zusammen mit einer etwas klareren Linienführung. Wäre schön.

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