Ein bisschen Swing hat noch niemandem geschadet. Selbst Beethoven nicht, auch wenn manche Klassik-Liebhaber dieser Aussagen vielleicht wiedersprechen mögen. Doch dann haben sie noch nie gehört, wie Marcus Schinkel und Joscho Stephan mit den Werken des großen Komponisten und seiner Kollegen Robert Schumann, Franz Liszt und Wolfgang Amadeus Mozart umgegangen sind: Liebevoll und wagemutig zugleich, mit Esprit, Schwung und Witz und eben einer ordentlichen Dosis Swing. Gypsy-Swing, um genauer zu sein. Immerhin wollen sich die beiden Musiker, die mit ihrer Band die Konzertreihe „Klassik in der Scheune“ eröffnet haben, Django Reinhardt und Stéphane Grapelli ebenso würdigen wie die genannten Vertreter der Klassik. Ein Anliegen, das in der Kirche St. Maria Königin des Friedens in Königswinter, die in diesem Jahr statt der Zehntscheune im Kloster Heisterbach als Konzertsaal dient, einmal mehr eindrucksvoll umgesetzt wurde.
Der Brückenschlag zwischen Klassik und Jazz gehört längst zur musikalischen DNA von Schinkel und Stephan. Vor allem ersterer ist seit Jahren als herausragender Crossover-Pianist bekannt, der zum Beispiel problemlos die Akkordwechsel von Gershwins „I got Rhythmn“ unter die Melodie des 4. Satzes von Beethovens 4. Sinfonie legt und so etwas Neues und Wunderschönes erschafft. In anderen Arbeitsfeldern würde man das wahrscheinlich als Upcycling bezeichnen, auch wenn beide Stücke dies streng genommen nicht nötig hätten. Andererseits könnte man sonst nicht die Eleganz und die enorme Spielfreude bewundern, mit der Tastenvirtuose Schinkel, Gitarrist Stephan, Bassist Fritz Roppel und Drummer Wim de Vries die Transformation durchführen und die Lust auf mehr macht. Was für die Band auch in Königswinter kein Problem darstellte. Mal wurde der 3. Satz der „Pathetique“ verswingt, dann wieder Liszts „Liebestraum“ mit „The Girl from Ipanema“ verschmolzen oder Schumanns „Nachklänge aus dem Theater“ in einen Bossa Nova überführt. Später durfte auch Wolfram Lehnert, künstlerischer Leiter der Veranstaltungsreihe, mit seiner Geige hinzustoßen und unter anderem bei „Armando's Rumba“ von Chick Corea eine weitere Klangfarbe beisteuern. Klasse.
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